: Briefeschreiben wird zum Luxus
■ Die Post darf Porto zum 1. September 1997 erhöhen: Briefe werden dann 1,10 Mark kosten, Postkarten 1 Mark
Bonn/Berlin (dpa/taz) – Spätestens ab nächstem Jahr sollte man die Weihnachtsgrüße besser per E- Mail verschicken. Gestern beschloß der Regulierungsrat von Bund und Ländern nach monatelangem Tauziehen, daß die Post ab 1. September 1997 das Porto erhöhen darf, ein Jahr später als die gelbe Behörde eigentlich gewollt hatte. Ein Standardbrief wird 1,10 Mark kosten statt bisher 1 Mark und Postkarten 1 Mark statt 80 Pfennig. Auch größere Briefe und Zusatzleistungen wie Einschreiben, Wertbriefe oder Eilzustellungen werden teurer.
Die Post AG erhofft sich aus der Portoerhöhung jährliche Mehreinnahmen von gut 800 Millionen Mark. Im Durchschnitt koste das einen bundesdeutschen Privathaushalt nur 2,63 Mark mehr im Jahr. Der Verband der Postbenutzer stellt jedoch eine Gegenrechnung auf: In Wirklichkeit würden mit der Portoerhöhung zusätzliche Kosten von bis zu 80 Mark auf jeden Haushalt zukommen, da auch Firmen die Portoerhöhung an die KundInnen weitergeben würden.
Der Genehmigung war ein heftiger Streit um die Postgebühren sowie um die Pläne der Post zur Schließung unwirtschaftlicher Filialen vorausgegangen. Vor allem FDP und SPD hatten sich gegen eine frühere Portoerhöhung gesperrt. Durch die Verschiebung auf den 1. September 1997 wurde nun ihre Zustimmung ermöglicht.
Voraussetzung für die Einigung war, daß die Post ein Konzept vorlegt über ihr künftiges Filialnetz sowie über die Kooperation mit der Postbank. Die SPD gab sich damit zufrieden, daß die Post nun wenigstens 10.000 der bislang 16.500 Postämter erhalten will. Auch mit der Postbank gab es eine Einigung: Sie darf für jährlich 1,1 Milliarden die Schalter der gelben Post mitbenutzen.
In Deutschland müssen die VerbraucherInnen schon heute deutlich mehr Porto zahlen als alle anderen EU-BürgerInnen. Dies geht aus einer Statistik des Bundesamts für Post und Telekommunikation hervor. Nach Überzeugung des Verbandes der Postbenutzer ist der deutsche Preisrekord nicht zu rechtfertigen. Als größte europäische Postverwaltung habe die Post AG die besten Voraussetzungen, billiger als die anderen zu sein.
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