Hauptstadt der Dienstwagen

■ Die landeseigene Pkw-Flotte kann nicht abgerüstet werden. Spionage im Taxi und eine veraltete Fahrradtechnik verhindern in Berlin die finanzielle Umkehr

Das bündnisgrüne Dienstfahrrad ist beim Altmetall gelandet, und Fahrgemeinschaften von Funktionsträgern gelten als Schmarotzerlösung. Deshalb hat Berlin die größte Landesdienstwagendichte der Republik.

Die Senatsinnenverwaltung hat jetzt nach Anfrage der Bündnisgrünen herausgefunden, daß keines der anderen Bundesländer einen vergleichbaren Fuhrpark sein eigen nennen kann: Außer in Berlin dürfen sich in keinem anderen Bundesland die BezirksmeisterInnen, die Indendanten von Staatsbühnen und der Protokollchef der Landesregierung mit eigenem Dienstwagen durch die Stadt kutschieren lassen. Großzügig hat die Stadt Berlin auch eine Regelung übernommen, die sonst nur in den großen Flächenländern wie zum Beispiel Baden-Württemberg und Mecklenburg-Vorpommern Praxis ist. Außer dem Parlamentspräsidenten steht auch den Vizepräsidenten und Fraktionsvorsitzenden ein „personengebundener Dienstwagen“ zur Verfügung. Berlin – eine Stadt der weiten Wege.

Dennoch, das Problem scheint sich nicht beheben zu lassen. Rüttelt es doch am Fundament des Parlaments. „Man kann ja schließlich nicht vor einem Taxifahrer über Geheimnisse am Funktelefon reden“, empörte sich Hans-Georg Lorenz, innenpolitischer Sprecher der SPD, über einen weitergehenden Antrag der Bündnisgrünen, den Fuhrpark zu reduzieren und einen Taxipool einzurichten. Schließlich sei die Fahrtzeit Arbeitszeit. Und überhaupt ginge es ja wohl nicht an, daß ausgerechnet die Bündnisgrünen einen solchen Vorschlag einbrächten, war aus den Reihen der CDU zu hören. „Leute, die sich im Dienstwagen von anderen mitnehmen lassen, behindern nur die Arbeit der anderen“, verteufelte CDU-Innenpolitiker Dieter Hapel die Idee des Carsharing. Und schließlich, das Dienstfahrrad hat sich auch nicht bewährt. Der Fraktionsvorsitzende der Bündnisgrünen, Wolfgang Wieland, mußte eingestehen, „es war einfach falsch konstruiert“.

So bleibt Berlin nach der schröpfenden Haushaltsdebatte doch noch ein Paradies. Wie es der Bündnisgrüne Burkhard Müller- Schoenau formulierte: „das Dienstwagenparadies“. Barbara Junge