: Wie gehts weiter mit der Vulkan-Werft?
■ Selbst Weiterbau eines Containerschiffs unsicher / Conti hat Charterer zwei Schiffe versprochen
Letztlich sei auf der Werft „so oder so Schluß“, sagte Bremens Wirtschaftssenator Hartmut Perschau (CDU) nach der Senatssitzung, auf der die Bürgschaft in Höhe von 42 Millionen DM für die Fertigstellung des Containerfrachters mit der Nummer 110 beschlossen wurde. Bei der EU-Kommission werde die Landesbürgschaft als Schließungsbeihilfe beantragt. Ohne diese Bürgschaft wäre gestern das Konkursverfahren „mangels Masse“ beendet und die Werft sofort geschlossen worden. Vor dem Konkurs hatte die Werft knapp 1.900 Mitarbeiter.
Die ausstehenden Löhne für die verbliebenen 1000 Arbeiter sind am 10.12. mit dem letzten Geld gezahlt worden. Damit war die Vulkan-Werft im Konkursverfahren nicht mehr liquide. Die Massearmut wurde dem Konkursgericht mitgeteilt.
Aufgrund des Bürgschaft-Beschlusses des Senats kann es neue Übergangskredite für die Vulkan-Werft geben: Ein zugesagter 42-Millionen-Kredit der „Kreditanstalt für Wiederaufbau" (KfW) für die Fertigstellung ist aber noch nicht auf dem Tisch. Zwei Bedingungen formulierte der Senat für seine Bürgschaft: Erstens müsse es einen vorliegenden Kaufvertrag für den Containerfrachter 110 geben. Der liegt noch nicht vor. Zweitens müsse die EU die Bürgschaft genehmigen. Senat und Konkursverwalter gehen davon aus, daß die EU „Schließungsbeihilfen“ nicht verwehren wird.
Will die Conti-Reederei überhaupt nur ein Schiff?
Ob Conti auch nur ein Schiff abnimmt, ist äußerst ungewiß. Die bisherige Kauf-Offerte bezieht sich auf zwei Schiffe. Wellensiek informierte Conti gestern nachmittag vom letzten Stand. Erst dabei wurde ihm offenbar klar, wie schwer sein Plan, zunächst nur ein Schiff zu bauen, umzusetzen ist. Denn Conti hatte lange gebraucht, um einen Charterer für beide Schiffe zu finden und mit dieser Garantie Kapitalfonds für die beiden Schiffe aufzulegen. Wie zu hören war, ist die Begeisterung des ausländischen Charterers für ein Schiff alleine sehr gering. Schließlich habe der Reeder mit zwei Schiffen disponiert. Der Conti-Kunde ist durch die lange Ungewißheit, ob die Schiffsfinanzierung von der EU genehmigt wird, sowieso schon gernervt. Die Ungewißheit hat sich der Reeder mit einer niedrigen Charterrate bezahlen lassen. Diese Zugeständnisse hat Conti dann an die Werft weitergereicht und den Verkaufspreis für die beiden Containerschiffe auf nur noch 57,5 Millionen Mark gedrückt.
Die Gefahr besteht, daß keine Lösung mit dem Charterer gefunden werden kann, ehe dem Konkursverwalter am 15. Dezember das Geld endgültig ausgeht. Erschwerend kommt hinzu, daß die Conti-Chefs heute zu einer Geschäftsreise nach Korea aufbrechen.
Was wird aus dem zweiten Container-Frachter 111?
Ob der zweite Containerfrachter fertiggebaut wird, steht in den Sternen. Konkursverwalter Wellensiek geht davon aus, daß es für ihn teurer wäre, das Schiff zu einem Verkaufspreis von 57,5 Millionen fertigzubauen, als die bisher geleistete Vorarbeit abzuschreiben. Aus der Konkursmasse will – und darf – der Konkursverwalter die Fertigstellung also nicht finanzieren, es sei denn, die Gläubiger erlauben ihm das. Bürgermeister Scherf hat klargestellt, daß Bremen die Kredite für die Fertigstellung des Frachters 111 nur verbürgen würde, wenn der Konkursverwalter die Defizite übernimmt.
Wird der Costa-II-Rumpf verkauft?
Er habe sowieso nur neues Geld zur Verfügung, hat der Konkursverwalter erklärt, wenn der Rumpf der Costa II verkauft wird. Auf 58,5 Millionen lautet der unterschriftsreife Vertrag mit der Costa. Der Aufsichtsrat des Reeders hat die Unterschrift allerdings abgelehnt. Will er pokern oder will Costa aufgrund der schlechten Marktlage bei Kreuzfahrern das zweite Schiff überhaupt nicht mehr bauen lassen? Am 15. Januar trifft sich der Aufsichtsrat wieder, bis dahin bewegt sich nichts.
Wenn Costa II beim Vulkan bezahlt wird, muß daraus zunächst ein 15-Millionen-Massekredit und ein vom Land verbürgter 35-Millionen-Kredit bezahlt werden. Das bedeutet: Das Geld aus einem möglichen Verkauf ist eigentlich längst an Wellensiek geflossen und ausgegeben. Auf die Frage, wieso er aus einem Costa-II-Verkauf neuen finanziellen Spielraum erhoffe, meinte Wellensiek gestern nur verschmitzt, wenn Kredite zurückgezahlt würden, würden Geldgeber neue geben können.
Was bedeutet das Vulkan-Aus für den Schiffbau in Bremerhaven?
Auf der ebenfalls im Konkurs befindlichen Schichau-Seebeckwerft gibt es noch Aussichten auf ein Überleben. Der Vorstand hofft, 800 der vor dem Konkurs fast 2000 Arbeitsplätze erhalten zu können. Ein Dock wurde bereits dichtgemacht. Nun steht der SSW nur noch ein Bauplatz zur Verfügung. Voraussetzung für ein Überleben ist allerdings, daß in den ersten Wochen des nächsten Jahres neue Aufträge für die Fährschiffbauer hereinkommen. Wie es heißt, wird mit mehreren Reedereien verhandelt. In ihrem Marktsegment – den Passagierschiffen – gibt es keinen so rapiden Preisverfall wie bei Containerschiffen. Die beiden bereits im Bau befindlichen Fähren für eine tunesische Reederei sichern Beschäftigung für 800 Arbeiter bis April 1997. Bis dahin muß aber der Produktivitätsrückstand der Werft aufgeholt sein. Die Gutachter von McKinsey haben eine Kosten-Lücke von 37 Prozent zu den Weltbesten festgestellt. Nach Lohnverzicht und Umorganisation ist davon offenbar etwa die Hälfte aufgeholt.
Welche Chancen bestehen für den Vulkan-Marineschiffbau?
Als im März dieses Jahres die „Arbeitsgemeinschaft“ zum Bau der drei Fregatten gebildet wurde, war der Vulkan-Verbund schon nicht mehr dabei: Ein Unternehmen im Konkurs darf sich an Militäraufträgen nicht beteiligen. Es gebe allerdings eine Nebenabrede mit den Partnern HDW, Blohm&Voss und Thyssen/Emden, daß der Vulkan-Verbund wieder aufgenommen würde, wenn er finanziell wieder gesund sei. Anders wäre es nicht gegangen, versicherte Wellensiek.
HDW würde allerdings nun argumentieren, es sei um den Vulkan-Verbund gegangen und nicht um die Marineschiffbau-GmbH. Klar, daß die drei Werften sich gern den Kuchen des Vulkan aufteilen würden. Wenn für den „Bremer“ Anteil die Lürssen-Werft einspringen würde – und nicht die Hegemann-Werft – dann, so hätten die ArGe-Konsortialführer in Hamburg angedeutet, wären sie bereit, einen Teil des Vulkan-Anteils doch nach Bremen zu vergeben. Arbeit für 300 bis 350 Vulkan-Leute würde das geben, mehr nicht, erklärte Bürgermeister Scherf. Ob und wann es angesichts der Kürzungen im Verteidigungshaushalt neue Marineaufträge gibt, weiß niemand. K.W./jof
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