: Filzdecke über der Pleite?
■ Weitere Seltsamkeiten um den Konkurs der „Altonaer Jugendarbeit“ und den Genossen Michael Pape / Hat die BAGS geschlampt? Von Jürgen Oetting
Haben Nachlässigkeiten der Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales (BAGS) das Desaster des Beschäftigungsprojekts „Altonaer Jugendarbeit“ (AJA) erst möglich gemacht? Verschleiert der Senat jetzt das wirkliche Ausmaß der Angelegenheit? Aus dem AJA-Konkurs könnte bald eine sozialdemokratische Filzaffäre erwachsen. Darauf deuten Erkenntnisse des AJA-Konkursverwalters Hinnerk-Joachim Müller hin, die gestern von der NDR-Hamburg-Welle verbreitet wurden.
Bei der Durchsicht der AJA-Unterlagen stößt Müller immer wieder auf Merkwürdigkeiten und offenkundige Schlampereien, die von einer wirklich kontrollierenden BAGS hätten entdeckt werden müssen. So soll sich die AJA-Buchführung in einem derart chaotischem Zustand befinden, daß vier Fachkräfte ein Jahr lang mit „Aufräumarbeiten“ zu tun hätten.
Pikant an der Angelegenheit ist, daß die AJA von einem sozialdemokratischen Politiker heruntergewirtschaftet wurde, gegen den die Staatsanwaltschaft inzwischen wegen Betruges und Veruntreuung ermittelt. Der ehemalige AJA-Geschäftsführer Michael Pape war jahrelang Vorsitzender der SPD-Fraktion in der Altonaer Bezirksversammlung. Nun vermuten Oppositionspolitiker, daß BAGS – also die Behörde der sozialdemokratischen Sozialsenatorin Helgrit Fischer-Menzel – und Senat das Ausmaß des angerichteten Schadens mit juristischen Plänkeleien unter der Decke halten wollen.
So hatte zum Beispiel der Senat noch in der vergangenen Woche behauptet, alle Vermögenswerte der AJA, die mit städtischen Geldern angeschafft worden waren, seien Eigentum der Stadt geworden. Nur auf dieser Grundlage ist der Stadtregierung die längst überfällige Gründung einer AJA-Nachfolgegesellschaft möglich, die für den Erhalt von 150 Arbeitsplätzen notwendig ist.
Diese Eigentumsverhältnisse stimmen aber nicht mit den Ermittlungen des Konkursverwalters überein. Dafür fehlten – so erfuhr der NDR – die notwendigen Verträge. BAGS-Sprecherin Christina Baumeister räumte auf taz-Anfrage ein, ihre Behörde verzichte fast immer auf derartige Verträge. Das kann die Stadt Hamburg jetzt teuer zu stehen kommen, die Rede ist von fast einer Million Mark. Und schlimmer: Das kann die Schaffung von Ersatzarbeitsplätzen für AJA-Beschäftigte verhindern.
Die sozialpolitische Sprecherin der CDU-Bürgerschaftsfraktion Antje Blumenthal versucht seit Monaten Licht in das Dunkel um Michael Pape und die AJA zu bringen. Inzwischen hat sie bereits 15 „Kleine Anfragen“ gestartet, andere Fraktionen dazu noch sechs. Erfahren hat sie wenig. Ihr Kommentar zu den neuesten Meldungen: Der Senat versuche, „die offenkundige Verschleuderung von Steuergeldern im Zuge des SPD-Filzes zu decken.“
Im Zusammenhang mit dem AJA-Konkurs weiß der GAL-Bürgerschaftsabgeordnete Andreas Bachmann Erstaunliches zu berichten. Als Altonaer Beschäftigungsinitiativen nach einer von ihnen getragenen Auffanglösung für die AJA suchten, sei dies von der BAGS hintertrieben worden. Bachmanns Einschätzung: „Die BAGS will es so billig wie möglich machen. Ein wirkliches Lösungsinteresse besteht aber nicht. Man versucht nur, sich aus der politischen Schußlinie zu bringen.“
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