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Machtgeil? Nein, danke

■ Kiel: Grüner Landesvorständler tritt aus Enttäuschung über die Fraktion zurück

Der Streit im Landesvorstand der Grünen in Schleswig-Holstein hat sich gestern zugespitzt. Ralf Henze, der energiepolitische Sprecher des Landesvorstands, erklärte gestern abend seinen Rücktritt aus dem Gremium. Seinen Schritt begründete er in einem fünfseitigen Schreiben an den Landesvorstand, das der taz vorliegt. Darin heißt es, anstatt „grüne Politik zu stärken“, setze die Partei alles daran, „sich bei der SPD anzubiedern, um damit die eigenen Posten zu sichern“. Der sozialdemokratische Koalitionspartner, so Henzes Fazit, werde „immer weiter durch die Grünen gestärkt“.

Henze, der zu der Gruppe um die koalitionskritische Vorstandssprecherin Antje Jansen aus Lübeck gezählt wird, erhob zudem schwere Vorwürfe gegen die grüne Landtagsfraktion. Informationen über das AKW Krümmel seien ihm von der Fraktion vorenthalten worden. Es sei sogar vorgekommen, daß man ihm gegenüber die Existenz von Fraktions-Papieren geleugnet habe, die ihm über die Hamburger GAL oder Bürgerinitiativen zugespielt worden waren.

Die Diskussion über den von weiten Teilen der Basis und mehreren Vorstandsmitgliedern geforderten Ausstieg aus Krümmel hatte bereits auf dem Parteitag der Grünen im Oktober in Husum zu heftigen Auseinandersetzungen und einer Spaltung des Landesvorstands geführt. Ein Ausstiegs-Antrag war nur mit knapper Mehrheit und erst im dritten Abstimmungsversuch abgelehnt worden.

Zudem sei versucht worden, so Henze, ihn als „Terminkoordinator“ für Wilfried Voigt, den grünen Staatssekretär im Energieministerium, zu mißbrauchen. „Mir sollte“, vermutet er, „keine Zeit für die Landespolitik bleiben, insbesondere für das AKW Krümmel“.

Insgesamt, so Henze, sei er „enttäuscht über die Machtgeilheit etlicher Grüner“ in Schleswig-Hol-stein, Hamburg und auf Bundesebene. Überall werde „kritischen Themen ausgewichen im Hinblick auf bevorstehende Wahlen“, wo Grüne dann „mit allen Mitteln mit der SPD an die Regierung wollen“. Das führe dazu, „daß immer größere Teile der Basis unzufrieden“ seien. Sven-Michael Veit

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