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Unverzichtbare Mama beerbt Ekel Alfred

■ Mit der Serie „Ohne Mama geht es nicht“ will Radio Bremen im „Comedy“- Geschäft mitblödeln

Eher bühnenhaft wirkte der Auschnitt aus der neuen sitcom-Serie „Ohne Mama geht es nicht“, den Buten & Binnen kürzlich zur Ermunterung zeigte. Erst im November 1997 wird sich zeigen, ob die ZuschauerInnen auch über die ganze Serie lachen können. Darauf jedenfalls hoffen die Unterhaltungs-chefs der ARD-Anstalten, die sich in dieser Woche auf die Ausstrahlung von sieben Folgen im Ersten Programm einigten.

Sitcom-Serien (Sitcom = Situationskomik) sind ursprünglich amerikanisch und mittlerweile auf allen Privatsendern in synchronisierter Form zu sehen: Golden Girls das Paradebeispiel. Ist „Ohne Mama...“, die von der Radio-Bremen-Redaktionsleiterin Unterhaltung, Birgitt Reckmeyer, initiierte Serie. Noch ein amerikanischer TV-Import? Nein. Zusammen mit Jürgen Breest, Abteilungsleiter der Unterhaltung, setzte Birgitt Reckmeyer („Extratour“ und „Total normal“) ganz auf eigene Ideen, da das Umschreiben von internationalen Formaten laut Breest auf deutsche Verhältnisse meistens nicht greife und auch Synchronisationen aus dem Amerikanischen sich im allgemeinen immer als Flop herausgestellt hätten.

Bisher setzten nicht nur Private auf sitcoms: „Ekel Alfred“, „Die Familie Heinz Becker“, „Mit einem Bein im Grab“ sind Comedys der ARD-Anstalten, mit denen Einschaltquoten bis zu acht Millionen erzielt wurden. Angesichts des starken Engagements bei den Privaten und solcher Erfolgsmeldungen wollte „Radio Bremen nicht hinten anstehen“, meinte Breest. Gegen den Vorwurf der Angleichung an die Privaten wehrt er sich: Schließlich würden alle sitcoms machen, die BBC schon immer.

Nachdem Radio Bremen mit der Comedy-Show „Dieter und Hendryke“ 1995 dienstags abends im Schnitt nur zwei Millionen Zuschauer zum Lachen bringen konnte – soll "Ohne Mama geht es nicht“ zur selben Sendezeit um 22.05 Uhr der neue Quotenknüller werden, mit folgendem plot:

„Ohne Mama geht es nicht“ ist die Geschichte über einen ewigen Nesthocker. Rüdiger (Martin Semmelrogge, „Das Boot“) wohnt im stolzen Alter von vierzig immer noch bei Muttern. Weil Rüdiger ständig arbeitslos ist und zudem noch Vater, wohnt auch seine Tochter Nadine mit unterm Dach von Muttern (Elisabeth Volkmann, „Klimbim“). Rüdigers Hauptbeschäftigung besteht darin, sich fantastische Strategien auszudenken, um mit wenig Aufwand viel Geld zu machen. Das interessiert die ziemlich genervte Mama Ohlendiek herzlich wenig. Sie möchte einzig und allein, daß ihr Rüdiger eine gute Partie macht. Rüdigers alter Schulfreund Karl Heinz (Karl Friedrich Pretorius, „Die Viersteins“) lungert so oft er kann bei Mama Ohlendiek herum: Er verehrt und begehrt sie sehnsüchtig. Derart im Mittelpunkt, genießt es Mama durchaus, alle etwas abhängig von sich zu wissen.

Das Aufeinanderprallen der Generationen stand im Mittelpunkt der sujet-Auswahl. „Hauptsache saukomisch“, die Frage nach sozialer Realität stelle sich in einem Genre wie der Situationskomödie gar nicht. Arbeitslosigkeit nur als Hintergrund für den Angriff auf die Lachmuskeln.

Radio Bremen belebt mit der neuen comedy eine lange Unterhaltungs-Tradition: Kerkeling, Schreinemakers, Carell und nun auch wieder Loriot. Als reiner Satire-Sender mit Jonas und Kroymann könne man nicht überleben, so Breest. Gedreht wird ab März unter Regie von Helge Ott. Geplante Erstaustrahlung ist November 1997.

Anke Schmidt-Bratzel

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