Bestürzt

■ betr.: „Symbolischer Sieg – Harte Realitäten“, taz vom 6. 12. 96

Mit Bestürzung habe ich Ihren Kommentar zu dem in Hannover erzielten Tarifabschluß für die niedersächsische Metallindustrie gelesen. Sie schreiben, daß in dem „niedersächsischen Lohnabschluß (nichts) über beschäftigungssichernde Maßnahmen, so wie ursprünglich angekündigt“ stehe. Sie folgern daraus, daß „die Solidarität (wieder nur jene) betrifft, (...) die noch einen Job haben“. Diese Aussagen sind falsch.

Die IG Metall in Niedersachsen hat bereits Ende Oktober diesen Jahres als erster Tarifbezirk den Beschäftigungssicherungs-Tarifvertrag um ein Jahr verlängert, und zwar mit entscheidenden Verbesserungen. Zur Erinnerung: Bereits 1994 hat die IG Metall in Hannover den Beschäftigungssicherungs- Tarifvertrag durchgesetzt, der vorsieht, daß zur Abwendung von Entlassungen die Arbeitszeit auf bis zu 29 Stunden in der Woche ohne Lohnausgleich verkürzt werden kann. Diese freiwillige Möglichkeit ist jetzt verbindlicher geregelt. Der Betriebsrat hat nunmehr in dieser Frage ein Initiativrecht und kann die Arbeitszeitverkürzung einfordern und mittels eines Schiedsverfahrens auch durchsetzen. Mit anderen Worten: Die Mitbestimmung des Betriebsrates im Falle von Entlassung ist entscheidend erweitert worden.

Ferner sieht der Vertrag vor, daß die Zahl der Ausbildungsplätze in Niedersachsen innerhalb eines Jahres um fünf Prozent erhöht wird. Dies ist einmalig in Deutschland. Dafür haben die Auszubildenden nur eine geringe Erhöhung ihrer Vergütung erhalten. Die taz selbst hat am 31. Oktober ausführlich darüber berichtet.

Außerdem hat die IG Metall in Niedersachsen vor kurzem einen Tarifvertrag zur Förderung der Teilzeit abgeschlossen. Für den Fall, daß Teilzeit im Zusammenhang mit Beschäftigungsproblemen in Anspruch genommen wird, steht dem oder der Betroffenen ein Rückkehrrecht zur Vollzeit zu. Auch dieser Vertrag ist einmalig. [...] Georgios Arwanitidis,

Pressesprecher der IG Metall

Bezirksleitung Hannover

Anm. d. Red.: Zwei Tarifabschlüsse sind auseinanderzuhalten: Im niedersächsischen Tarifabschluß von Ende Oktober diesen Jahres wurde ein bereits bestehender Beschäftigungssicherungsvertrag verlängert und modifiziert. Im Abschluß vom 5. Dezember aber ging es auch um die Lohnrunde 97. Dazu hatte IG-Metall-Chef Zwickel eine Lohnsteigerung im Volumen von 4,5 bis 5 Prozent gefordert. Zirka drei Prozent davon sollten für Beschäftigungssicherung eingesetzt werden. Das ist nicht geschehen, und nur darauf bezog sich der Kommentar.