piwik no script img

Kein Geld für die letzten Vulkan-Schiffe

■ Senat beschloß die 42-Millionen-Bürgschaft nicht / Arbeiter ahnungslos in Urlaub geschickt

Gegen 13 Uhr gingen gestern die Vulkan-Arbeiter in die Weihnachts-ferien – „heute war der letzte Arbeitstag auf der Werft für dieses Jahr“, sagt Betriebsrat Rolf Spallek. Die Kollegen hatten genügend Überstunden für ein paar freie Tage angesammelt. Viele hängen ein paar Urlaubstage an und kommen erst am 6. Januar wieder. Dann wird es eng auf der Werft, die Unternehmensleitung hatte morgens mit den Kollegen gesprochen: „Die suchen Schiffbauer“, berichtet der Betriebsrat. Denn viele der erfahrenen Facharbeiter haben anderswo einen Job angenommen oder sind in Umschulungen, die ihnen inzwischen wichtiger sind als das letzte Schiff. Und es wird nicht nur bei den Schiffbauern eng. „Im nächsten Jahr fehlen uns Fachkräfte“, sagt Spallek.

Betriebsratvorsitzender Hasso Kulla hatte morgens die Belegschaft über den Stand der Dinge informiert: Der Vertrag über den Containerfrachter 110 ist unterschrieben, 42 Millionen vom Land kommen, eine akute Sondersitzung des Wirtschaftskabinetts über das Geld für den zweite Containerfrachter 111 stehe am Tage an. „So sind meine Informationen, daß auch beides klappt“, sagt der Betriebsrat. Mit diesem Wissensstand ist er um 13 Uhr in den Weihnachtsurlaub gegangen – wie alle Kollegen.

Was er nicht wußte: Schon kurz nach zwölf Uhr hatten die Bürgschaftsausschüsse ergebnislos getagt. „Kein Kommentar“, sagt Nölles Sprecher Thomas Diehl. „Es gab sachliche Probleme“, orakelt Senatssprecher Sondergeld. Es sei aber „klar, daß „vor Weihnachten etwas entschieden werden muß“.

Aber bei der Conti-Reederei in München wird vor Weihnachten nichts mehr entschieden. Die „sachlichen Probleme“ bestehen nämlich schlicht darin, daß Conti bisher den fertig ausgearbeiteten Vertrag für zwei Containerschiffe nicht unterschrieben hat. Am 12. Dezember, als Bürgermeister Scherf vor dem Parlament das Ende der Vulkan-Werft bekanntgab, sah es noch so aus, als bestehe das Problem „nur“ in der Frage, was passiert, wenn die Werft nur ein Schiff liefern kann. Nun sind die Charterer abgesprungen. Ohne einen unterschriebenen Kaufvertrag, das war die Bedingung gewesen, gibt es keine 42-Millionen-Bürgschaft für das erste der beiden Container-Frachter. Konkursverwalter Jobst Wellensiek verhandelt inzwischen mit einem Hamburger Reeder.

Die Finanzierung des zweiten Frachters hängt derweil vollends in der Luft. Die offizielle Strategie des Konkursverwalters war es, mit den Verkaufserlösen der Costa II die bei den Frachtern entstehenden Verluste zu decken. Daß die neuen amerikanischen Besitzer der italienischen Reederei in den nächsten Wochen darüber entscheiden, ob sie die Costa II überhaupt haben wollen, ist unwahrscheinlich. Die Verkaufserlöse aus der Costa II hat der Konkursverwalter dabei vom Senat längst vorgestreckt bekommen: 15 Millionen Massekredit und 35 Millionen verbürgter Kredit liegen als Schiffshypothek auf dem rostenden Rumpf. Wellensiek könnte mit einem möglichen Verkaufserlös also nur weiterarbeiten lassen, wenn Bremen auf die Rückzahlung verzichtet – im Endeffekt hätte damit das Land auch den Verlustanteil an der Schiffsfinanzierung übernommen. Bisher haben die Reeder den Preis auf 57,5 Millionen heruntergehandelt. Aufgrund der akuten Produktionsschwierigkeiten sind bei Fertigstellung der letzten Containerfrachter Verluste von mehr als 20 Millionen pro Stück zu finanzieren – die Arbeit für die letzten fünf Monate der Werft würde teuer gekauft. Aus den letzten Mitteln der Konkursmasse, die eigentlich den Gläubigern zustehen, darf der Konkursverwalter solche Verluste nicht finanzieren. Schon jetzt liegt eine Anzeige von Gläubigern gegen den Konursverwalter beim Staatsanwalt auf dem Tisch. K.W.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen