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Sterbehilfe für Vulkan beschlossen

■ Weitere 103 Millionen Mark Landesbürgschaften als „Schließungsbeihilfe“ beschlossen

Gestern mittag am Domshof: Der Vulkan Verbund verschwindet endgültig aus der Optik der Stadt. Arbeiter montierten den Schriftzug von der Fassade der ehemaligen Konzernzentrale. Gestern nachmittag in der Bürgerschaft: Die Bürgschaftsausschüsse beschließen mit den Stimmen der Großen Koalition und bei Enthaltung von Grünen und AfB eine millionenschwere Sterbehilfe für die Vegesacker Vulkan-Werft.

Bis zu 103 Millionen Mark wird das Land für den Bau der beiden Containerschiffe 110 und 111 verbürgen. Wenn die Berechnungen von Vulkan-Konkursverwalter Jobst Wellensiek aufgehen, dann bedeutet das Arbeit bis August und noch einmal einen Verlust von sechs bis sieben Millionen Mark. Bis August wird auch die Beschäftigungsgesellschaft Mypegasus am Leben gehalten. Dann aber ist Schluß. „Die Bürgschaftsausschüsse nehmen zur Kenntnis, daß die förmliche Notifizierung der erforderlichen Schließungsbeihilfe nach Beschlußfassung der Bürgschaftsausschüsse umgehend erfolgt“, heißt es in dem Beschluß. Zu deutsch: Bremen wird die letzten Bürgschaften als Schließungsbeihilfen deklarieren.

38 Millionen Mark verbürgt das Land nun für den Weiterbau des Containerschiffes 110. Gut 50 Millionen Mark sind in das Schiff bereits verbaut, führte Wellensiek gestern aus. Davon kommen 35 Millionen Mark ohnehin schon aus der Landeskasse – eine Bürgschaft für den Verkauf des Rumpfes des Kreuzfahrtschiffes „Costa 2“. Die restlichen 15 Millionen habe der Vulkan, so Wellensiek weiter, aus dem Erlös für das Containerschiff 109 und „aus dem laufenden Betrieb“ aufgebracht.

Sollte seine Kalkulation aufgehen und das Containerschiff 110 fristgerecht zu Ende gebaut werden können, dann könnte der Vulkan mit 16,2 Millionen Mark Gewinn in der Kasse aus dem Geschäft kommen. Das Hamburger Emissionshaus für Schiffsbeteiligungen „Hansa-Treuhand“ will 54,2 Millionen Mark für das Schiff bezahlen. Der Gewinn fließt dann sofort in den Bau des Schiffes 111.

Dabei lauern aber noch erhebliche Risiken: Neben kostspieligen Terminverzögerungen, zu denen es mitten im Konkursstrudel schnell kommen kann, ist vor allem völlig unklar, ob Wellensiek überhaupt so viel Geld für den Rumpf der „Costa 2“ erlösen kann, wie er kalkuliert hat. Andernfalls müßte Bremen einen größeren Teil der Bürgschaft für den Verkauf des Rumpfes in den Wind schreiben. Denn nach dem Verkauf der Costa-Reederei ist es nach Angaben von Wirtschaftssenator Hartmut Perschau (CDU) ziemlich fraglich, ob der neue Eigentümer den Rumpf übernehmen will. 35 Millionen Mark hat das Land dafür bereits verbürgt, der Schrottwert des Rumpfes beträgt nach Schätzungen rund 20 Millionen Mark. Das heißt: Das „Costa 2“-Risiko liegt für das Land bei rund 15 Millionen.

Für den Nachfolgeauftrag, das Containerschiff 111, haben die Bürgschaftsausschüsse einen Ermächtigungsbeschluß gefaßt. Der Senat darf bis zu 65 Millionen Mark Bürgschaften für den Bau vergeben. Auch in diesem Schiff sind nach Wellensieks Angaben bereits 14 Millionen Mark verbaut. Sollte es ohne Pannen fertig werden, dann käme unter dem Strich für das Geschäft mit beiden Containerfrachtern ein Verlust von sechs bis sieben Millionen Mark heraus.

Die Bürgschaftsausschüsse hatten kaum eine Wahl: Ein sofortiger Abbruch der Arbeiten auf der Werft, so eine Schätzung Wellensieks, hätte das Land sofort rund 100 Millionen Mark Cash gekostet. Zudem wäre ein Verkauf der Vulkan-Marinetechnik an die Lürssen-Werft gestorben. Denn dann hätte es keine Chance mehr gegeben, den Vulkan wieder in das Werften-Konsortium zu boxen, das Fregatten für die Bundesmarine bauen soll. Ob das nun gelingt, ist allerdings immer noch mehr als fraglich. Wirtschaftsstaatsrat Frank Haller bei der gestrigen Sitzung: „Das steht in den Sternen.“ J.G.

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