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Gewerkschaften wollen neues Bündnis für Arbeit

■ Allerdings unter bestimmten Bedingungen. Sie fordern Abbau von Überstunden und volle Lohnfortzahlung für Kranke. Bernhard Jagoda kritisierte 590-Mark-Jobs

Frankfurt/Main (AP) – Um die Arbeitslosenzahlen bis zum Jahr 2.000 zu halbieren, sind die Gewerkschaften zu einer Neuauflage des Bündnisses für Arbeit bereit. Voraussetzung sei aber, daß Bundesregierung und Arbeitgeber sich an das im Januar vereinbarte Kommuniqué hielten, sagte die DGB- Vizevorsitzende Ursula Engelen- Kefer. Die ÖTV forderte von Bonn eine Rücknahme des Lohnfortzahlungsgesetzes als Bedingung für eine Wiederbelebung der Kanzlerrunde. Der Präsident der Bundesanstalt für Arbeit, Bernhard Jagoda, unterstützte die DGB-Forderung nach Abbau von Überstunden.

Zum im Januar gesteckten Ziel, die Zahl der Arbeitslosen um die Hälfte zu verringern, sagte Engelen-Kefer: „Es ist dringend erforderlich, daß Gewerkschaften, Arbeitgeber und auch die staatlichen Stellen auf allen Ebenen daran arbeiten.“ Mit dem unverantwortlichen Schüren von Konflikten durch die Kürzung der Lohnfortzahlung hätten Unternehmer und Bundesregierung den Konsens aufgekündigt. Es sei an der Zeit, diese Politik aufzugeben und die Angebote der Gewerkschaften zu Bündnissen für Arbeit auf allen Ebenen anzunehmen.

Engelen-Kefer forderte den Abbau von Überstunden um 40 Prozent. Dadurch könnten etwa 370.000 neue Stellen geschaffen werden. Außerdem müsse Bonn bessere gesetzliche Bedingungen für Teilzeitarbeitsplätze im Alter schaffen. Die angekündigten Kürzungen bei Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen nannte die Gewerkschafterin fatal. „Es ist allemal besser, eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme oder eine Qualifizierung zu finanzieren als reine Arbeitslosigkeit und die Menschen ins Nichts fallen lassen.“

ÖTV-Sprecherin Olga Leisinger sagte, zunächst müsse die Bundesregierung klarmachen, daß sie zu einer vernünftigen Arbeitsmarktpolitik bereit sei. So müsse außer dem Lohnfortzahlungsgesetz auch die Lockerung des Kündigungsschutzes bei Kleinbetrieben rückgängig gemacht werden. Wenn Bonn das verspielte Vertrauen wiederhergestellt habe, werde die Gewerkschaft sich einem neuen Bündnis für Arbeit nicht verweigern.

Der Chef der Bundesanstalt für Arbeit, Jagoda, sagte in einem Interview, 1995 und wahrscheinlich auch 1996 seien zwei Milliarden Überstunden geleistet worden. Das sei entschieden zuviel. Zudem werde besonders im Handel zuviel Arbeit über 590-Mark-Jobs erledigt. Die Sozialversicherung werde dadurch ausgedünnt, die Lasten müßten die Versicherten tragen. Auch bei der Arbeitszeitgestaltung in Deutschland gebe es noch Defizite. So müsse Teilzeitarbeit nicht unbedingt bedeuten, daß die Beschäftigten einen halben Tag arbeiteten. Andere Regelungen sei oft sinnvoller.

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