■ Kommentar: Nieder mit den Flaschen
Alles hätte so schön bunt werden können, und doch war es wieder nur grün an Silvester an der Sielwallkreuzung. Dabei gab es überhaupt keinen Anlaß, dermaßen viel Polizei aufzufahren. Alles war friedlich an der berüchtigten Krawallecke, hier und da einige freundliche Gespräche zwischen der Ordnungsmacht und den gefürchteten „Chaoten“, und sogar einer, der den Uniformierten eine Runde Kaffee ausschenken wollte – sie lehnten dankend ab.
Es waren einige Flaschen, die – welch ein Wunder, bei der Böllerei auf dem Marktplatz war das nicht anders – am Neujahrsmorgen auf die Sielwallkreuzung niedergingen. Niemand wurde verletzt. Von dem heraufbeschworenen „Bürgerkriegsszenario der Wohlstandskinder“ (Ralf H. Borttscheller) keine Spur. Jedoch Grund genug für die Polizei, zahlreiche Jugendliche festzunehmen und eine gründliche Hausdurchsuchung samt Beschlagnahmungen durchzuführen. Nicht die jungen Leute, sondern die PolizistInnen sind also die „öffentliche Gewalt“, von der Innensenator Borttscheller so gerne spricht. Kein Versuch von De-Eskalation, nur wieder einmal ein Kraftakt der Polizei, die sich nicht wundern muß, wenn diese Aktion im nächsten Jahr noch nicht vergessen ist.
Während man auf dem Marktplatz seines Lebens nicht sicher ist in der Silvesternacht, muß man am Sielwall um seine Freiheit fürchten. Frohes Neues, Herr Borttscheller! Kay Michalak
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