■ Der Innensenator zur Silvesternacht: „Wohlstandskinder“ zur Raison gebracht
Kaum waren die letzten Böller verschossen, schon erklärte Innensenator Ralf Borttscheller gestern die Sielwallkreuzung zum befriedeten Gebiet für alle Zukunft:
„Die Silvesternacht 1996/97 verlief wie im Vorjahr weitgehend friedlich. Die Konzeption der Polizei, auf der Sielwallkreuzung frühzeitig starke Präsenz zu zeigen und Ansammlungen von Störern gar nicht aufkommen zu lassen, hat sich wieder als richtig erwiesen. Dadurch kam es zu keinem Zeitpunkt zu einer Blockade der Kreuzung“, erklärt er im Nachhinein seine Strategie. Borttscheller dankte der Polizeiführung, den Einsatzkräften des Bundesgrenzschutzes sowie der Polizei aus Bremen und Bremerhaven mit warmen Worten für „ihren besonnenen Einsatz“. Es gehöre, unterstrich er, zu den Schattenseiten dieses Berufes, „bei 15 Grad Kälte für Sicherheit und Ordnung zum Wohle der Bevölkerung zu dienen, während andere im Familienkreis die Jahreswende feiern können.“
Auf den Einsatz der Polizei reagierte Innensenator Borttscheller prompt mit entsprechenden Vorsätzen: „Die Bürger Bremens können sich allerdings darauf verlassen, daß auch zum symbolträchtigen Silvester auf der Sielwallkreuzung öffentliche Gewalt nicht mehr toleriert wird“, versprach er. „Leider war auch an diesem Silvesterfest nicht erkennbar, daß zukünftig die Polizeipräsenz im Ostertorviertel nachhaltig verringert werden könnte. Es gehört zu den traurigen Kapiteln Bremer Jugendkultur, daß manche Wohlstandskinder ein Bürgerkriegsszenario brauchen, um in die richtige Stimmung zu kommen. Offensichtlich ist diesen Jugendlichen bis heute nicht vermittelt worden, daß Polizeibeamte in Uniform auch Menschen sind, auf die man nicht gezielt Feuerwerkskörper und Flaschen werfen kann.“ Die Räumung einer Wohnung an der Sielwallkreuzung und die Festnahme von „27 gewaltbereiten jungen Leuten“ sei deshalb „notwendig und konsequent“ gewesen. taz
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