Schwierige Berlinzüge

■ Mit dem „Unternehmen Zukunft“ in die Hauptstadt. Ein Reisebericht Bonn–Berlin

Auf Gleis 2 steht ein Zug nach Berlin Zoo. Heißer Tip eines Bahnbeamten: Der fährt wahrscheinlich als erster. Also Gepäck schultern. Im Dauerlauf durch die Unterführung zum Gleis 2. Der Zug ist voll. Im letzten Wagen sind freie Plätze, die auch nicht reserviert sind. Glück gehabt. Das Warten auf die Abfahrt beginnt.

Dann die Durchsage, in Wortfetzen: ...Hauptbahnhof ... Taxe ... Bahnhofsvorplatz. Erst die Wiederholung läßt die böse Ahnung Gewißheit werden. Wegen eines „Personenschadens“ ist diese Rheinseite gesperrt. Jemand hat mit seinem Freitod die Fahrstrecke unpassierbar gemacht. Also raus aus dem Zug, auf den Bahnhofsvorplatz. Dort stürzen sich die Menschen in den Sonderbus, bis der völlig überfüllt abfährt. Andere kapern Taxen, eine Ordnung ist nicht mehr festzustellen. Beim Warten auf die Straßenbahn – Busse und Taxen haben nur die Schnelleren erwischt – ruft plötzlich jemand: „Der Zug nach Berlin fährt gleich.“ Ungläubiges Staunen. Trotzdem zurück zum Zug, der mittlerweile doch recht leer ist.

Der Zug fährt mit mehr als zweistündiger Verspätung endlich los. Problemlose Fahrt. Bis Magdeburg. Dort macht der Lokführer schlapp. Er hat seinen Arbeitstag hinter sich, die Stundenzahl voll. Der neue Lokführer darf die Lok nicht führen, der Führerschein läßt das nicht zu. Als die Durchsage kommt, geht ein Stöhnen und Raunen durch den Zug.

Berlin. Endlich. Drei Stunden Verspätung. Aber ab Berlin-Grunewald zuckelt der Zug nur noch im Schrittempo. Obwohl er grünes Licht hat. Dann die Durchsage: Berlin Zoo ist dicht, ein anderer Zug ist liegengeblieben. In Charlottenburg glücklich angekommen, sind alle Taxis weg. Es ist Silvester. Heinz Joachim Schöttes, dpa