: Nicht alles, wo Provinz draufsteht, ist auch Provinz!
■ betr.: „Das größte Warenhaus für Altelektronik“, taz vom 16.12. 96
Es gibt Artikel in der taz, die bestechen durch ihren Biß und ihre Unvoreingenommenheit, so daß es ein wahrer Leckerbissen für jeden frei denkenden Menschen ist. Das gilt leider nicht, wenn Redakteure sich aufmachen, um in der Provinz eine Gelegenheit zum Lästern zu suchen. Grundsätzlich bin ich ein Freund eines jeden Artikels, der den Gegenstand desselben kritisch hinterfragt. Das darf jedoch nicht in einen Verriß ausarten, der mit unangebrachten (was hat der Standort mit der Qualität des Museums zu tun?) und unkompetenten (der Philosoph und Mathematiker Leibnitz ist für die Geschichte der Rechentechnik extrem wichtig) Argumenten ein einseitiges und stark tendenziöses Bild des besprochenen Gegenstandes zeichnet.
Daß ein Museum über einen so wichtigen Kulturgegenstand wie den Computer längst überfällig war, dürfte unbestritten sein. Daß der Ansatz der über 100 Wissenschaftler im Allgemeinen trotz der einen oder anderen Schwäche sehr gelungen ist, ist meine persönliche Meinung.
Sicherlich gibt es einige Angriffspunkte, die diskutiert und eventuell ausgemerzt werden müssen, aber dieser Artikel spiegelt eine Überheblichkeit gegenüber „der Provinz“ wider, die die taz wirklich nicht nötig hat. Das Heinz Nixdorf Forum ist einer kompetenteren und ausgeglicheren Besprechung würdig. Martin Stelbrink, Salzkotten
Ich besuchte mit ein paar Freunden vor einigen Tagen das Heinz Nixdorf Museumsforum und gewann einen sehr positiven Eindruck. Unbestritten hat das Museum ein paar kleine Schwächen. Manchmal fehlt etwas der rote Faden; die jüngste Geräte-Vergangenheit endet gerade mal bei einer Cray 1 (allerdings werden auch neue Konzepte wie Cyber-Space und Internet dargestellt). Auch die „Galerie der Pioniere“ ist vielleicht nicht perfekt. Aber bitte – wie will man denn aus den Hunderten von Computererfindern und -forschern die richtigen herauspicken? Die Auswahl muß doch subjektiv bleiben. Leibnitz dagegen gehört als Entwickler einer der ersten Rechenmaschinen und vielen Konzepten mit Sicherheit in diese Riege.
Hier zeigt sich am krassesten die fachliche Unkenntnis des Autors. Er scheint häufig den Sinn des Museums, das kein Geschichtsmuseum, sondern ein Museum der technischen Entwicklung ist, mißzuverstehen. Nicht das Wirtschaftswunder der kleinen Nation Deutschland ist von Interesse, sondern die Computerentwicklung, die sich auf der gesamten Welt abspielte. Hätte der Autor eine Führung mitgemacht, wäre ihm auch die chronologische Kontinuität, die er vermißt, gezeigt worden. Gar keine Erwähnung finden die vielen Möglichkeiten, selbst mit Exponaten oder zumindest ihren Computersimulationen zu spielen. Ich kann mich leider des Eindrucks nicht erwehren, daß der Autor ohne große Lust und vielleicht sogar gehetzt die Ausstellung durchschritt.
Und was bitte, frage ich mich sehr verwundert, hat die Qualität eines Museums mit der (meines Erachtens unstrittigen) Provinzialität Paderborns zu tun, für die der Autor über ein Drittel seines Platzes verschwendete? An einem ungünstigen Tag gekommen zu sein (vier weitere Besucher plus eine Schülergruppe), bedeutet noch lange nicht mindere Qualität des Museums. Vielleicht hat es zur Zeit einfach noch nicht die richtigen Besucher gefunden ... Birger Hoppe, Paderborn
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