Gut gepritscht, die Damen

■ Deutsche Volleyballerinnen schmetterten knapp unter Weltniveau: 0 : 3 gegen Rußland

Bremen bleibt ein gutes Pflaster für die deutschen Volleyball-Damen. Die vorige Nationalmannschafts-Generation aus noch in der DDR geschulten Spielerinnen wie Susanne Lahme oder Nancy Celis erkämpfte im vorigen Jahr in der Stadthalle das Olympia-Ticket für Atlanta. Heute dient das 18. Nationenturnier ihren jugendlichen Nachfolgerinnen als erste Standortbestimmung. Die neu formierte deutsche Mannschaft spielte schon viel besser als selbst OptimistInnen erhofft hatten.

Fazit nach zwei Vorrundenspielen: Das deutsche Team liegt knapp hinter der europäischen Spitze, aber deutlich über dem Mittelmaß. Denn in diesen Kategorien rangieren die Russinnen – gestern in drei hart umkämpften Sätzen 3:0 (17:15, 17:16, 15:6) Sieger gegen die Deutschen – und die Frauen aus Tschechien, die am Vorabend sicher mit 0:3 den Kürzeren gegen Bundestrainer Siegfried Köhlers Küken-Truppe zogen.

Gegen die ebenfalls stark verjüngten Russinnen spielten die deutschen Frauen zunächst groß auf und hatten im ersten Durchgang sogar zwei Satzbälle. Und auch im zweiten Satz holten die Deutschen gegen die keineswegs fehlerfreien Russinnen Rückstände von 2:7 und 7:10 auf, konnten aber einen 13:10-Vorsprung nicht zum Satzgewinn nutzen und verloren mit dem knappsten denkbaren Ergebnis 16:17. Im dritten Satz zollten die jungen Spielerinnen um die neue Leitwölfin Sylvia Roll vom Schweriner SC – mit 23 Jahren die Älteste im Team – Tribut. Ihr zweites Spiel innerhalb von 24 Stunden.

Dabei zeigten die von Zuspielerin Tanja Hart mit Augenmaß dirigierten Deutschen ein ordentliches Spiel mit überraschenden Angriffskombinationen. Aber gegen das Duo Tatiana Gratcheva als Stellerin und die 1,90-Meter große Angreiferin Elena Godina fanden sie kein Rezept. Allerdings hatte auch niemand gegen den Olympia-Vierten Rußland mit einem Blumentopf gerechnet. Heute um 14.30 Uhr spielt Deutschland gegen Italien um den Einzug ins Finale des Turniers (Sonntag, 15 Uhr, vorher um 12.30 Uhr Spiel um Platz drei).

Köhler hat sich festgelegt, als er sieben Debütantinnen zum Länderturnier in Bremen mitbrachte: „Vielleicht wird noch die eine oder andere dazukommen, aber das Gros des Teams wird das Gerüst bilden für die nächsten Jahre“, sagte der Sachse, der einst die DDR-Auswahl zu internationalem Ruhm geführt hatte. Auch die anderen Trainer nutzen die Gelegenheit zu einem Generationswechsel im nacholympischen Jahr 1997. So wimmelt es denn in allen Mannschaften von langbeinigen Sprungwundern,die kaum 18 oder 20 Lenze auf dem Sportlerinnen-Buckel haben.

Am Donnerstag abend hatte nach dem überraschend klaren 3:0 (15:9, 15:9, 15:7) gegen den nächsten Europameisterschafts-Gastgeber Tschechien noch eitel Freude geherrscht bei den deutschen Mädchen. „Das war ein ganz guter Anfang“, analysierte Hanka Pachale. „Ich habe vorher überhaupt nicht gewußt, ob es supertoll oder schlimm sein würde“, so die Blonde aus Schwerin, die mit 20 Jahren und 44 Länderspielen nach Sylvia Roll die erfahrenste Akteurin im Team von Bundestrainer Köhler ist.

Einen guten Einstand im Nationaltrikot feierte auch die Ex-Bremerin Jutta Weißenborn, die jetzt für Schwerte spielt. Gegen die allerdings ohne ihre grippekranke Zuspielerin Eva Stepancikova vom Deutschen Meister USC Münster harmlosen Tschechinnen hatte die 19jährige immer wieder die Arme zum Block an der richtigen Stelle.

Die Veranstalter vom Deutschen Volleyball-Verband und der Marketing-Firma HSM waren mit den ersten Turniertagen zufrieden, nachdem die Zusammenarbeit nach Verzögerungen bei der Meldung des Teilnehmerfeldes fast geplatzt wäre. Mit Hilfe von massivem Plakateinsatz und kurzfristig geschalteten Werbespots gelang es den HSM-Leuten aber noch innerhalb weniger Tage, an beiden Tagen jeweils 1500 Zuschauer in die Stadthalle zu locken. Damit wurde der Auftakt der geplanten Turnierserie „Ladies First“ gerade noch gerettet, bei der nach den Volleyballerinnen in diesem Jahr noch Frauen-Nationalmannschaften im Baskettball und Handball in Bremen antreten werden. Viele Volleyball-Fans bedauern, daß die Weltklasse-Teams aus Kuba und Brasilien – früher Stammgäste in Bremen – fehlten. Köhler sieht das ein bißchen anders: Der Coach zieht es vor, gegen Mannschaften anzutreten, gegen die seine Mädels wenigstens den Hauch einer Chance haben. jof