Öffentlich in Gorleben, heimlich in Bonn

Atomkraft-Gegner besetzen Anlage im Wendland. Weiter Streit um Castoren. Auf Bundesebene treffen sich CDU und SPD und nehmen die Energiekonsensgespräche wieder auf  ■ Aus Hannover Jürgen Voges

Das Baugelände der Gorlebener Pilotkonditionierungsanlage (PKA) haben am Sonntag morgen zwei Dutzend AktivistInnen aus gewaltfreien Aktionsgruppen kurzzeitig besetzt. Nach dem Motto „Gewaltfrei und ungehorsam gegen Atomanlagen“ überstiegen sie gegen 10 Uhr mit selbstgezimmerten Leitern das Tor des Gorlebener Zwischenlagergeländes. Anschließend drangen sie bis zum Rohbau der Pilotkonditionierungsanlage hinter dem Zwischenlager vor. In dem Bau sollen später einmal abgebrannte Brennelemente aus dem AKW umgepackt werden. Ihn umrundeten die Aktiven aus acht bundesdeutschen Städten und versicherten per Transparent und Sprühparolen: „Unser Vorsatz fürs neue Jahr – Verhindern wir die PKA.“ Die Besetzung gilt als „Auftakt für weitere Aktionen gegen die Pilotkonditionierungsanlage“, über deren Fertigstellung in diesem Jahr entschieden werde. Der nächste Transport von abgebrannten Brennelementen ins Gorlebener Zwischenlager ist noch umstritten.

Die Essener Gesellschaft für Nuklearservice (GNS) hat öffentlich Bedenken gegen den vom niedersächsischen Innenministerium vorgeschlagenen Gorleben-Transport von sechs Castor-Behältern auf einmal angemeldet. Um „logistische Probleme“ zu vermeiden, will die GNS im Frühjahr nur drei bis vier Behälter ins Castorlager transportieren lassen. Darüber zeigte sich der Sprecher des Innenministeriums in Hannover „überrascht“ und beharrte auf einem Transport im Sechserpack, um die Polizeieinsatzkosten möglichst niedrig zu halten.

Führende Umwelpolitiker der Bonner SPD haben gestern kritisch auf das neuerliche Energiekonsensgespräch reagiert, das Bundesumweltministerin Angela Merkel, Kanzleramtsminister Friedrich Bohl, Ministerpräsident Gerhard Schröder und SPD-Bundesgeschäftsführer Franz Müntefering bereits am 19. Dezember geführt haben. In einer gemeinsamen Erklärung verlangten die SPD- Bundestagsabgeordneten Michael Müller (Umweltpolitischer Sprecher), Detlev von Larcher (Sprecher des Frankfurter Kreises) und Herrmann Scheer (Vorsitzender des SPD-Umweltforums) „offene Energiegespräche“ und lehnten „eine Mauschelei Kohlefinanzierung gegen Atommüllentsorgung“ strikt ab.