: Motetten auf neuem Niveau
■ Der Freiburger Musiker Szigmond Szathmry eröffnete den internationalen Orgel-Zyklus und gab Startschuß zur Trendwende
Bei der Eröffnung des internationalen Orgel-Zyklus am vergangenen Donnerstag waren gleich zwei Akzente zusammen, die aus dem Rahmen des Beliebigen herausführten. So war diese „Orgelmotette“ das erste große, überregional besetzte Orgelkonzert an der neu restaurierten Sauer-Orgel im Dom (wir berichteten), und es war ein Programm vom Allerfeinsten.
Der Freiburger Organist Zsigmond Szathmry, der von 1977 bis 1979 hier in Bremen als Domorganist tätig war, ist einer der renommiertesten Organisten nicht nur für Neue Musik. Er gilt zugleich auch als Musiker, dessen Aufzeigen von musikalischen Beziehungen und Zusammenhängen immer aufschlußreich und aufregend war und ist. Seine Interpretationen weisen bei aller notwendigen Verschiedenheit sozusagen ein besonderes Markenzeichen auf: eine ausgetüftelte Exzentrik der Klangfarben, die aber immer die Logik der kompositorischen Struktur geradezu streng wahrt.
So konfrontierte Szathmry die große Passacaglia und Fuge in c-Moll, BWV 582 – eine der „Riesen“ der Gattung – mit drei Werken von Franz Liszt und einer „BACH-Hommage a...“ aus seiner eigenen Feder. Insgesamt ergab sich als dramaturgischer Aspekt Klage und Tröstung: Dies am deutlichsten in der irreal schönen Wiedergabe des ursprünglichen Klavierstückes „Consolations“ von Franz Liszt gleich nach der Bach'schen c-Moll-Klage, deren 26 Variationen Szathmry nicht als spielerische Kontraste, sondern als permanente, immer mehr bedrängende Intensität aufbaute.
Die BACH-Hommage des Organisten beeindruckt durch ein grandioses „Orchesterspiel“ in der unübersehbaren Überlagerung von extremen Klangfarben und geradezu aggressiven Gestalten. „Ad nos, ad salutarem undam“ von Franz Liszt, häufig als zu lang beschimpft, interpretierte Szathmry mit überzeugender Disposition und Spannung.
Wenn das internationale Orgelfest zur Einweihung der Sauer-Orgel auf diesem Niveau weitergeht – und die Namen der eingeladenen Organisten sprechen dafür – , dann passiert hier kulturell viel mehr als nur das Abspielen von Andachtsklängen für Spaziergänger.
Ute Schalz-Laurenze
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen