: Anzeige rechtzeitig vor dem SPD-Parteitag
■ Untreue-Vorwürfe gegen Finanzsenatorin aus Amtszeit in Hessen
Als wenn sie nicht genug Probleme hätte: Vor dem für ihre Sparpolitik wichtigen SPD-Parteitag am kommenden Dienstag gerät Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD) juristisch unter Druck.
Wie erst jetzt bekannt wurde, ging am 15. November vergangenen Jahres eine Anzeige bei der Generalstaatsanwaltschaft in Frankfurt am Main ein. Eine Entscheidung des hessischen Finanzministeriums aus dem Jahr 1992, dem Fugmann-Heesing von 1991 bis 1994 als Ministerin vorstand, wird darin als mögliche „Beihilfe zur Steuerhinterziehung“ bezeichnet. MitarbeiterInnen der hessischen Landesregierung sehen darin nach Information der taz eine gezielte Aktion, um Fugmann-Heesing in Schwiergkeiten zu bringen.
Job Tilmann, Sprecher der Staatsanwaltschaft, erklärte, seine Behörde habe ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Man gehe dem Verdacht nach, daß sich MitarbeiterInnen des Finanzministeriums und auch Fugmann-Heesing der „Untreue im Amt“ schuldig gemacht hätten.
Die Anzeige bezieht sich auf einen Vorfall von 1991/92. Damals informierte der hessische SPD- Wirtschaftsminister seine Finanzkollegin Fugmann-Heesing darüber, daß Aktienhändler an der Frankfurter Börse mit ausgebufften Tricks rechtlich fragwürdige Steuerrückzahlungen in Millionenhöhe kassierten. Ein Freimakler war besonders gewieft: Nach einem schnellen Deal bekam er vom Finanzamt 21,4 Millionen Mark Steuern geschenkt. Obwohl die Finanzministerin vorher von den fragwürdigen Geschäften wußte, habe sie ihre Informationen nicht an das zuständige Finanzamt weitergegeben, heißt es in der Anzeige. Das Amt zahlte, das Land Hessen war um Millionen ärmer.
Fugmann-Heesing weist die Vorwürfe als „absurd“ zurück. Sie habe die Oberfinanzdirektion unverzüglich angewiesen, den Aktienhändlern auf die Finger zu klopfen. Das lasse sich auch durch Akten des Ministeriums belegen, so Fugmann-Heesing.
Den langen Zeitraum von nahezu vier Jahren zwischen der vermeintlichen Beihilfe zum strafbaren Aktiendeal und der Anzeige erklären MitarbeiterInnen der Landesregierung, die nicht genannt werden wollen, so: Erstattet worden sei die Anzeige von August Schäfer, einem ehemaligen Ministerialrat im hessischen Wirtschaftsministerium, der mit Finanzministerin Annette Fugmann- Heesing früher politischen Streit ausgefochten habe. Schäfer habe sich nun den geeigneten Zeitpunkt gesucht, um der Finanzsenatorin „vor dem SPD-Parteitag zu schaden“. Hannes Koch
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen