IWF fordert nationalen Konsens in Bulgarien

■ Der neue Staatspräsident Petar Stojanow tritt offiziell sein Amt an

Sofia/Berlin (dpa/AFP/taz) – Der neue bulgarische Staatspräsident Petar Stojanow hat gestern in Sofia nach einer Militärzeremonie offiziell sein Amt angetreten. Damit ist er laut Verfassung auch Oberbefehlshaber der Streitkräfte. Die Übernahme des Amtes von seinem Vorgänger Schelju Schelew fand elf Tage nach den gewaltsamen Protestkundgebungen am Parlamentsgebäude in Sofia statt, die sich gegen die amtierende Regierung der Sozialisten (früher: Kommunisten) richteten.

Mehrere hundert Menschen versammelten sich vor dem Präsidialamt, um das neue Staatsoberhaupt zu begrüßen. „Stojanow“ und „Wahlsieg“ riefen sie in Anspielung auf die von der Opposition geforderten Parlamentsneuwahlen. Der Jurist Stojanow gehört wie sein Vorgänger Schelew dem oppositionellen Parteienbündnis Union der demokratischen Kräfte (SDS) an.

Der 44jährige Präsident versprach, noch in diesem Jahr Neuwahlen anzusetzen. Die Opposition verlangt Neuwahlen im Frühjahr. Die Sozialisten sind jedoch zur Abhaltung von Wahlen erst Ende des Jahres bereit. Regulär sind die nächsten Parlamentswahlen für Dezember 1998 angesetzt.

Der Staatspräsident hat in seiner fünfjährigen Amtszeit nur begrenzte Vollmachten. Dazu gehört nicht das Recht, das Parlament aufzulösen oder die Regierung zu entlassen.

Am Vorabend hatte sich Stojanow mit dem Vertreter des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Bulgarien, Franek Rozwadowski, getroffen. Die wirtschaftliche Lage Bulgariens sei extrem schwierig und gefährlich, sagte Rozwadowski anschließend nach Angaben der Nachrichtenagentur BTA. Damit der IWF Bulgarien mit einem Kreditprogramm helfe, müsse es „einen nationalen Konsens“ über die künftige Wirtschaftspolitik geben.

Bei seiner Vereidigung am vergangenen Sonntag hatte sich Stoljanow ebenfalls für einen breiten Konsens aller maßgeblichen politischen Kräfte ausgesprochen, um die Probleme des Landes zu lösen. Angesichts der politischen Blockade in der Frage des Wahltermins wird jetzt in Sofia über die Bildungs einer Art Übergangsregierung der nationalen Einheit spekuliert, die zunächst zwei Monate im Amt bleiben soll. Vordringlichste Aufgabe: Verhandlungen mit dem IWF. Dieser dürfte an Gesprächen mit einer Delegation aus Sozialisten und Opposition schon allein deshalb interessiert sein, um nicht nach den Wahlen mit einer neuen Regierung alle Vereinbarungen neu aushandeln zu müssen.