: Keine Chance für Springer
■ Der Verbund der Nordsee-Zeitung, die Redaktionsgemeinschaft Nordsee, wird fünfundzwanzig Jahre alt
Mit einem Strauß Rosen soll Axel Springer in den siebziger Jahren versucht haben, dem Bremerhavener Verleger Dr. Joachim Ditzen-Blanke den Verkauf der Nordsee-Zeitung schmackhaft zu machen. Das erzählt jedenfalls die Gerüchteküche. „Alles Blödsinn“, winkt Ditzen-Blanke ab. „Ich weiß zwar, daß es diese Gerüchte gibt. Aber es stimmt nicht. Springer hat mir nie ein Angebot gemacht, meine Zeitung zu kaufen, und ich würde mir das auch verbitten.“
Seit 25 Jahren erscheinen die Lokalzeitungen der Redaktionsgemeinschaft Nordsee mit einer Auflage von rund 150.000 Exemplaren in der Region zwischen Hamburg, Bremen, Cuxhaven und Bremerhaven. Die Nordsee-Zeitung erstellt für acht weitere Lokalzeitungen den sogenannten Mantel, das heißt die Seiten mit dem überregionalen Inhalt wie Politik, Bundessport, nationale und internationale Kultur. Die Redaktionsgemeinschaft, in der die Nordsee-Zeitung, die Kreiszeitung Wesermarsch, die Cuxhavener Nachrichten, die Niederelbe-Zeitung, das Stader Tageblatt, die Altländer Zeitung, das Buxtehuder Tageblatt, die Bremervörder Zeitung und die Zevener Zeitung zusammengeschlossen sind, schlug mit ihrem Zusammenschluß zwei Fliegen mit einer Klappe. Die neun Lokalzeitungen sicherten ihre Unabhänigkeit und ihr wirtschaftliches Überleben. Das Jubiläum ist insofern bemerkenswert, als Springer in den siebziger Jahren tatsächlich viele Lokalzeitungen aufkaufte. Viele Zeitungen verloren in den Jahren von 1954 bis 1976 den Kampf ums wirtschaftliche Überleben. Von 225 Tageszeitungstiteln verschwanden in dieser Zeit 104 vom Markt.
Schon seit 1947 hatte es zwischen der Nordsee-Zeitung und den in Bremen erscheinenden Bremer Nachrichten eine Kooperation gegeben. Die Nordsee-Zeitung bekam den Mantel aus Bremen. Diese Zusammenarbeit zeigte auf die Dauer aus redaktioneller Sicht erhebliche Mängel. Die Gestaltungsmöglichkeiten der Redaktion waren begrenzt, und auch der Zeitaufwand für den allabendlichen Transport der Druckvorlagen von Bremen zum Drucken nach Bremerhaven setzte der Möglichkeit, den Seiten für die Nordsee-Zeitung ein eigenes Gesicht zu geben, erhebliche Grenzen. Für Ditzen-Blanke stellte sich deshalb die Frage nach einer grundsätzlichen Neuorientierung mit dem Ziel völliger Unabhängigkeit. Die Lösung sah er in dem Ausbau der Nordsee-Zeitungs-Redaktion von einer reinen Lokalredaktion zu einer Vollredaktion. Die Suche nach Partnern für seine Idee erwies sich „als nicht so schwierig“. Auch die anderen Zeitungshäuser im Elbe-Weser-Dreieck machten sich Gedanken darüber, wie sie ihre Unabhänigkeit und ihr Überleben sichern konnten.
Zunächst sah der Kooperationsvertrag zwischen den neun Lokalzeitungen eine Laufzeit von fünf Jahren vor. 1976 waren sich die Kleinverleger einig, daß sich die Redaktionsgemeinschaft als Kooperation selbständiger Verlage bewährt hatte. Bis 2001 ist die Kooperation vereinbart. Knapp 1.000 festangestellte MitarbeiterInnen arbeiten heute in der Redaktionsgemeinschaft Nordsee, darunter 107 RedakteurInnen. Und wenn Springer heute mit einem verlockenden Angebot vor der Tür stünde? Ditzen-Blanke: „Ich werde nicht verkaufen. Vielleicht verkaufen meine Nachfolger die Zeitung ja. Ich werde es jedenfalls nicht tun.“ kes
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