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Unterm Strich

Wenn Dichter schweigen, kommen die Spekulationsmaschinen auf Touren. Wenn sie ihr Schweigen brechen, natürlich nicht minder. In diesem Sinne gibt es Neues, wenn auch nicht ganz Neues, von einem der geheimnisumwittertsten Schweiger der Weltliteratur. Nach 34 Jahren wird der amerikanische Schriftsteller J.D. Salinger wieder ein Buch herausbringen. Es handelt sich dabei um die bereits im Jahre 1965 in der Literaturzeitschrift The New Yorker publizierte Novelle „Hapworth 16, 1924“. Werkkundige wollen darin einst den Schlüssel zum Schweigen des Schöpfers von Holden Caulfield („Der Fänger im Roggen“) gefunden haben. Im Mittelpunkt der Novelle steht Seymour Glass, eine Figur, die Salinger bereits in anderen Werken benutzte. Erscheinen wird das Buch im Verlag Orchises Press in Alexandria/Maryland. Der kleine Verlag ist nach Angaben der Washington Post nicht einmal im Telefonbuch verzeichnet. Die ersten vier Romane von Salinger waren zwischen 1951 und 1963 erschienen. Salinger weigerte sich, weitere seiner Erzählungen in einer Sammlung oder auch nur einzeln in Textbüchern veröffentlichen zu lassen. Gegen den Autor und Verleger einer Biographie kämpfte der völlig zurückgezogen lebende Salinger bis zur letzten Instanz vor Gericht, weil das Buch einige seiner Briefe enthielt. Selbst eine Adresse im Internet, die nur seinen Werken gewidmet war, ließ Salinger schnellstens löschen.

Wieviel Irritation darf Kunst? Eine Ausstellung in Jerusalem ist bei Holocaust-Überlebenden und Politikern auf Empörung gestoßen. Abgeordnete der linken Meretz-Partei forderten Kultusminister Zevulon Hammer auf, die Ausstellung des Künstlers Ram Katsir zu verbieten. In einem Malbuch, das von den Besuchern ausgemalt werden soll, erregten scheinbar harmlose Bilder großes Aufsehen: eine Hand, die ein Reh füttert, eine fröhliche Kinderschar und eine Familie beim Spaziergang. Die Besucher erfahren erst nach dem Ausmalen, daß es Hitlers Hand ist, die das Reh füttert, und die Familie sich auf dem Transport ins Vernichtungslager befand. Ein Sprecher des Museums wies die Vorwürfe zurück. Die Ausstellung soll demnächst auch in Berlin zu sehen sein.

Der Schriftsteller, Lyriker und Essayist Hans Egon Holthusen ist am Dienstag im Alter von 83 Jahren gestorben. Holthusen wurde als Sohn eines protestantischen Pfarrers 1913 in Rendsburg geboren. Bekanntheit erlangte der konservative Schriftsteller mit seinem Essay „Der unbehauste Mensch“ von 1951. Zwischen 1961 und 1964 war Holthusen Programmdirektor des Goethe-Instituts in New York, zwischen 1968 und 1974 war er Präsident der Bayerischen Akademie der Schönen Künste. In den letzten Jahren trat Holthusen mit einer unvollendet gebliebenen Biographie über Gottfried Benn hervor. Essays über den „Eigensinn der Literatur“ erschienen 1989.

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