piwik no script img

■ Mit dem Garchinger Reaktor auf du und duGrab- und Grundstein

Berlin (taz) – Gestern wurde der Grundstein für den ersten Reaktorneubau in Deutschland seit dem Unfall in Tschernobyl 1986 gelegt, und das gleich zweimal: Die Gegner des Forschungsreaktors Garching II waren die schnelleren, sie protestierten mit ihrer Aktion schon um 8.30 Uhr gegen die Verwendung von hochangereichertem Uran in dem 20-Megawatt-Meiler. „Das ist eigentlich eine Grabsteinlegung – und zwar der konsequenten deutschen Nichtverbreitungspolitik von Atomwaffen“, so Wolfgang Liebert von der Naturwissenschaftler- Gruppe IANUS in Darmstadt.

Die Physiker von Garching II kombinieren ausgerechnet eine Entwicklung aus der Abrüstungsforschung mit Atombombentechnik: Sie packen das hochangereicherte Uran (HEU) sehr dicht in einen Reaktor und erreichen damit einen Rekord-Neutronenfluß für ihre Messungen. Die Technik des hochdichten Packens von Uran wurde von Abrüstungsphysikern extra entwickelt, um die Verwendung von HEU zu vermeiden und trotzdem fortschrittliche Experimente zu ermöglichen. Damit sollte das Bombenuran international gebannt werden. Aus Uran bestanden sowohl die Hiroshima- Bombe als auch die sechs Atombomben, die Südafrika konstruierte. Solche Bomben sind schwächer und unhandlicher als die bei Supermächten üblichen Plutoniumbomben. Sie sind aber wesentlich einfacher zu bauen.

Nach der Grabstein- folgte die offizielle Grundsteinlegung. Das Land Bayern schießt die geschätzten Baukosten von einer Milliarde Mark für die nächsten Jahre vor. Der Bund soll seinen Anteil später zahlen. Weil somit derzeit den anderen Bundesländern und der Bonner Regierung keine großen Kosten entstehen, regte sich kein Protest.

Dabei wird Garching II zu einem großen Teil aus Mitteln finanziert, die für den Ausbau der Hochschulen vorgesehen sind, moniert die Bündnisgrüne Bundestagsabgeordnete Elisabeth Altmann: Je 220 Millionen Mark sind aus dem Hochschulbauprogramm von Bayern und dem Bund vorgesehen. „Eine glatte Zweckentfremdung von Mitteln“, so Altmann. Profitieren würde vor allem der Erbauer Siemens. rem

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen