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■ ScheibengerichtMuhamed El Amin

The Voice of Sudan (Schott Vergo)

Sehnsucht, Hoffnung und die Schönheit der Frauen – wovon soll man sonst singen. Etwa davon, daß die Liebste sich beim Frühstück lieber in die Zeitung versenkt als den Worten des schmeichelnden Sängers zu lauschen? Ja, die Probleme des Mannes sind die gleichen, von Kentucky über Köln bis Khartum, nur daß Muhamed El Amin zur Ud, der arabischen Laute, greift und nicht zur Gitarre, um von seinem Blues zu künden. Und daß das vermeintlich Unverfängliche gefährlich sein kann, wenn ein terroristisches Regime es dafür hält. Denn versteckte Kritik läßt sich auch im Liebeslied äußern, etwa indem man die Heimat, hier den Sudan, mit einem Mädchennamen vertauscht.

Solch subtile Feinheiten bleiben dem Arabisch-Laien natürlich verborgen, nicht aber die spröde Faszination der raffinierten Lautenriffs. Eine charakteristische sudanische Spieltechnik, die nichts mit dem klassischen arabischen Maquamat zu tun hat, sondern vom traditionellen Leierspiel Sudans abgeleitet wurde. Ein Popularstil, der sich auch auf dem Kassettenmarkt der Region gut verkauft, aber beileibe kein Pop ist. Davon zeugt die qualitativ hervorragende Aufnahme, die Muhamed El Amin „unplugged“ und solo kurz vor seiner Rückkehr in den Sudan aufgenommem hat. Seine Ablehnung des repressiven Islamismus im Sudan hatte den großen, inzwischen nahezu erblindeten Mann des urbanen Ud-Spiels veranlaßt, nach dem Militärputsch von 1989 für einige Zeit ins Exil nach Kairo zu gehen.

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