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„Die Schöne“ im Gericht

■ Bremer Paarhufer-Protest gegen Rinder-Tötung / Heute Gerichtsentscheid

Gegen die Giftspritze, die das englische Blut eines Highlander- und eines Galloway-Rindes ab Mittwoch tödlich verdünnen soll, haben die Bremer Bio-Bauern Thomas Warnken und Kollege Johannes Schettler-Wiegel gestern Widerspruch eingelegt. Während „Die Schöne“ Highlander-Kuh vom Warnken'schen Hof im Foyer des Verwaltungsgerichtes verdutzt ins Blitzlichtgewitter der Presse schaute, beantragte ihr Halter droben eine einstweilige Anordnung gegen die Tötungsverfügung des Landes Bremen. Derweil steht das Galloway-Rind „Kitty“ von Bauern Schettler-Wiegel außerhalb der Bremer Landesgrenzen. „Etwas Besseres als den Tod finden wir überall“, grinsen die Bauern verschmitzt. Kittys Flucht hat bundesweites Aufsehen erregt.

Rechtsanwalt Christian Rosse, der die Anliegen der Bauern gegen die Tötungsverordnung vertritt, ist „guter Hoffnung“, daß dem Widerspruch stattgegeben wird. Hauptargument: Die Bonner Eilverordnung zur Tötung BSE-verdächtiger Rinder sei „rechtswidrig und unverhältnismäßig“. Die „Schöne“ zum Beispiel grase seit 1988 auf Bremer Weiden. Tiermehl habe dieses „Bio“-Rind in Deutschland nicht einmal zu sehen bekommen. Auch müsse jede Inkubationszeit, so die Rechnung des Anwalts, schon lange um sein. „Außerdem soll Kitty gar nicht geschlachtet werden. Sie kriegt hier ihr Gnadenbrot.“

Aus Sicht der Landwirte hat sich Bundeslandwirtschaftsminister Borchert mit seiner Eilverordnung „schlicht verrannt“. Seine „Panikmache“ verunsichere VerbraucherInnen, während der wirksamste Schutz vor BSE sowie der dadurch möglicherweise übertragenen Creutzfeldt-Jacob-Krankheit kaum debattiert werde: „Die Einzeltieruntersuchungen vor der Schlachtung.“

Ob es im Fall der Bremer Rinder überhaupt zur Tötung kommt, bleibt fraglich. Im Fall der Galloway-Kuh „Kitty“ habe die Veterinärverwaltung „Zurückhaltung“ zugesagt, äußerte Wolfgang Apel, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes und zugleich oberster Bremer Tierschützer. Er fordert von Gesundheitssenatorin Tine Wischer, die betroffenen Rinder behördlich zu überwachen.

Im Bremer Umland ging unterdessen ein Seufzer der Erleichterung durch die Kuhställe: In Niedersachsen dürfen Rinder, die in der Schweiz oder in Großbritannien geboren wurden, vorerst nicht getötet werden. Das entschied gestern nachmittag das Oberverwaltungsgericht in Lüneburg – und änderte damit eine frühere Entscheidung des Braunschweiger Verwaltungsgerichts.

Zur Begründung hieß es, die Tötungsverordnung des Bundeslandwirtschaftsministeriums hätte ohne Zustimmung der Länder nur in einer „gesteigerten Notsituation“ erfolgen dürfen. Dies sei aber nicht der Fall gewesen. Das Bremer Verwaltungsgericht entscheidet heute über das Schicksal von Kitty und der „Schönen“.

dpa/ede

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