■ Daumenkino: Blut, Wein & Sünden
Die gute alte Wollust taugt heute meist nur noch zum Namenslieferanten von Strickgeschäften. Und daß jemand aus Neid oder Habgier seine Frau verunglückt im Auto zurückläßt, wirkt auch nicht besonders überzeugend. In diesem Fall ist der fahrerflüchtige Ehemann aber immerhin Jack Nicholson. Als Weinhändler Alex Gates stiehlt er zusammen mit seinem Kollegen Victor (Michael Caine) millionenschwere Klunker.
Gerade als Alex die Koffer packt, um mit der Beute nach New York zu fliegen, meint seine humpelnde Frau Suzanne, er wolle mit seiner jungschen Geliebten die Düse machen. Falsch geraten, aber richtig zugeschlagen. Dermaßen prügelt sie auf Alex ein, daß man schon meint, Nicholson habe nur Zeit für eine kurze Nebenrolle gehabt. Der aber gibt den Untoten und rast fortan in seinem roten BMW-Cabrio allem hinterher, was in Florida klunkert. Da das nicht sonderlich spannend ist, müssen sich Nicholson und Caine so tolpatschig anstellen, daß wir vor Lachen nicht mehr zum Gähnen kommen sollen.
„Blood & Wine“. Regie: Bob Rafelson
Wahre Todsünden der Gegenwart spielen sich in „Mörderischer Tausch“ ab. Nur noch ehemalige Anti-Kuba-Söldner wie der pockennarbige Aushilfslehrer Smith können mit Vietnamgreuelgeschichten ihre multiethnische Schulklasse davon abhalten, während des Unterrichts den Ghettoblaster anzublasen. Auf der Duke High School im hitzigen Südflorida sind die Lehrmittel inzwischen so weit gekürzt worden, daß der schwarze Schulleiter und seine Kids die Finanzierung der grafittiverseuchten Anstalt mittels eines Kokaindepots in der Turnhalle selbst übernommen haben. Lehrer Smith aber findet das nicht im Sinne des amerikanischen Erziehungswesens und beschattet die Schüler mit seiner Ex-Söldnertruppe. Um auf diese Spatzen zu schießen, ist keine Kanone zu großkalibrig. Wer dealt, fliegt in hohem Bogen aus der Schulbibliothek im dritten Stock. Auch hundert zur Strafe an die Tafel gekritzelte „I'm sorry“ können die Höllenhighschool nicht vor der gerechten Durchlöcherung beim Antidrogen-Showdown retten.
„Mörderischer Tausch“. Regie: Robert Mandel
Andreas Becker
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