piwik no script img

Ruck, zuck, er zahlt

■ Gerhard Schröder gibt auf und begleicht 54.000 Mark Schulden bei seinen früheren Anwaltskollegen

Hannover (taz) – Der niedersächsische Ministerpräsident Gerhard Schröder muß bei seiner ehemaligen Anwaltssozietät alte Schulden in Höhe von 53.996 Mark und 44 Pfennig begleichen. Über die Schröderschen Altschulden, die auf überhöhte Gewinnentnahmen des Ministerpräsidenten und Rechtsanwalts bei seiner hannoverschen Kanzlei zurückgehen, hat gestern die 11. Zivilkammer des Landgerichts Hannover verhandelt. Bei der Kammer hatten Schröders ehemalige Anwaltskollegen den Ministerpräsidenten im vergangenen Jahr auf Zahlung von 68.996 Mark verklagt. Schröders Prozeßvertreter stimmte gestern nach nur halbstündiger Verhandlung einem Vergleichsvorschlag des Gerichts zu, nach dem der Ministerpräsident nun knapp 80 Prozent der eingeklagten Schulden zu begleichen hat. „Ich habe nur fünf Minuten mit Schröder gesprochen. Er ist zufrieden mit dem Vergleich. Das Geld wird ruck, zuck bezahlt“, sagte Schröders Anwalt Götz von Fromberg nach der Verhandlung. „Um einen langwierigen Rechtsstreit durch mehrere Instanzen zu vermeiden“, nahmen auch Schröders ehemalige Anwaltskollegen den Vergleich an.

Die Schulden des Ministerpräsidenten bei der Kanzlei, aus der er zum Jahreswechsel ausgeschieden ist, stammen aus überhöhten Gewinnentnahmen schon in der ersten Hälfte 80er Jahre. Dies ergibt sich aus der taz vorliegenden Schriftsätzen. Der spätere Ministerpräsident, der die Kanzlei 1978 mitgegründet hatte, war von den übrigen drei Anwaltssozii schon nach seinem Einzug in den Bundestag 1980 von jeder Pflicht zur Arbeit in der Kanzlei freigestellt worden. Schröder wurde aber vertraglich weiter ein Anteil von zehn Prozent am Kanzleigewinn, jährlich etwa 25.000 Mark, garantiert. Schon Anfang 1986 hatte Schröder aber aus der Kanzlei etwa 70.000 Mark mehr entnommen, als ihm vertraglich zustanden. Als er 1990 nach seiner Wahl zum Ministerpräsidenten keine Einkünfte als Anwalt mehr beziehen durfte, verlangte die Sozietät eine Begleichung der Schulden, die nunmehr beinahe 120.000 Mark betrugen. Nach jahrelangen Verhandlungen einigten sich beide Seiten auf einen Schröderschen Schuldenstand von knapp 70.000 Mark. Daraufhin kündigte Schröder allerdings den Sozietätsvertrag und forderte im Gegenzug eine Entschädigung für sein Ausscheiden aus der Kanzlei. Dieser Argumentation wollte die Zivilkammer des Landgerichts gestern nicht folgen. „Eine Anwaltspraxis ist keine Kapitalgesellschaft, sondern lebt von der laufenden Arbeit ihrer Mitglieder“, sagte der Kammervorsitzende Kniesch. Da Schröder seit 15 Jahren nicht mehr nennenswert in der Praxis gearbeitet habe, könne er auch nicht ein Viertel des Praxiswertes beanspruchen. Nur einen Ausgleich für das Haftungsrisiko, das Schröder auch als stiller Sozius getragen habe, sah Richter Kniesch als berechtigt an.

Fromberg bestätigte gestern, daß Gerhard Schröder seiner Ehefrau Hiltrud seit der Trennung im März vergangenen Jahres keinerlei Unterhalt gezahlt hat. Die Scheidung der Eheleute Schröder erwartet von Fromberg noch in der ersten Hälfte dieses Jahres. Jürgen Voges

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen