piwik no script img

Die Wunderwelt der Schrapnellgitarre

Späte Genugtuung erfährt in den wirren 90ern der B- bis Z-Film der 50er Jahre. Seit sich herumgesprochen hat, daß die nobelsten Kräfte des US-Films – Francis Ford Coppola, Martin Scorsese oder Jack Nicholson – ihre ersten Honorare beim Mogul jener Machwerke, dem Produzenten Roger Corman, einstrichen, sieht der Kritiker etwas milder auf Kuriositäten wie Dracula vs. Frankenstein herab. Dem eingeweihten Publikum sind die Horror- und SF-Streifen aus so sinistren Studios wie „Samuel Z. Arkoff“ oder „Box Office Spectaculars“ ans Herz gewachsen, weil an ihnen einfach alles zum Lachen ist.

Freunde der unfreiwilligen Komik werden Samstag nacht im „3001“-Kino bis zum Platzen abgefüttert. Nach einer Einführung der Metalband Bäd Influence in die Wunderwelt des blutenden Trommelfells und der Schrapnellgitarre serviert das Kino die Trailer- und Kurzfilmshow Attack of the Voodoo Crab Monsters!. Die Clips für z.B. Island of Lost Women oder Captain Cronos Vampire Hunter, die hier aneinandermontiert wurden, haben den rasenden Debilitäten, für die sie werben, immerhin eines voraus: Sie sind professionell gemacht. Leider haben sich auch die Trailer für Rosemary's Baby, Tarantula und Carrie in die Revue des ungebremsten Unsinns verirrt. Und diese drei durchaus disku- tablen Horrorfilme haben nun wirklich nichts neben Attack of the 50-Foot Woman verloren.

Je armseliger die Bilder, desto pompöser die Worte, mit denen sie verkauft werden. „Startling!“, „Shocking!“, „Thrilling!“ ist so eine Giant Spider Invasion ja allemal und selbstverständlich, aber wenn ein Trashfilm sich derart anpreist: „Gruesomely stained in gu-shing blood color“ – dann darf man sicher sein, daß die Qualität der Farben genauso zum Fürchten sein wird wie die des ganzen Films (in diesem Fall: Two Thousand Maniacs). Die enorme Fallhöhe von den dicken Worten hinab zu den fadenscheinigen Bildern wirkt nicht nur urkomisch, sondern, so geballt wie in der Trailershow, fast faszinierend.

Der spottbillige Spielfilm hat nie etwas anderes gewollt und getan, als die niedrigsten Bedürfnisse des Zuschauers zu bedienen, die Ideen der Großproduktionen zu klauen und in maximal fünf Drehtagen etwas herzustellen, das sich ca. fünf Abende im Autokino halten sollte. Die Reverenz, die ihm das „3001“-Kino erweist, mögen Kulturpessimisten für bestürzend halten. Alle anderen freilich dürfen hingehen und feixen, wenn die Off-Stimme brüllt: „Don't miss... JESSE JAMES MEETS FRANKENSTEIN'S DAUGHTER!“

Kay Sokolowsky

Trash Night: Sa., 22. Februar, 22.30 Uhr, mit Live-Musik.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen