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Gleich und gleich gesellt sich gern

■ In immer weniger Ehen in Deutschland gehören die Partner unterschiedlichen Bildungsschichten an / Eine Heiratsuntersuchung der Uni Bremen

ls vor 50 Jahren Oma nach einem passenden Mann Ausschau hielt, war es ihr nicht nur wichtig, daß der Mann fürs Leben hübsch und lieb war; er sollte auch als Familienernährer eine gute Ausbildung vorweisen können. Opa seinerseits war Omas Ausbildung nicht so wichtig.

Heute tragen Frauen entscheidend zum Familieneinkommen bei, da achtet Mann schon eher darauf, daß Frau in dieser Hinsicht eine gute Partie ist. Heutzutage heiratet man innerhalb derselben Bildungsschicht, und je besser die Partner qualifiziert sind, desto mehr bleiben sie „unter sich“. „Das Bildungssystem als Heiratsmarkt“ heißt eine Untersuchung im Sonderforschungsbereich „Statuspassagen und Risiken im Lebenslauf“ an der Bremer Uni. Ihren Forschungsbericht haben der Soziologe Prof. Hans-Peter Blossfeld und sein Mitarbeiter Andreas Timm jetzt vorgelegt. Ein Ergebnis: Universitäten sind ein besonders beliebter „Heiratsmarkt“.

Eine gängige soziologische Lehrmeinung besagt, daß der fortschreitende Modernisierungsprozeß zu einer Auflösung von Klassen und Schichten führt, hin zu einer immer stärkeren Individualisierung. „Stimmt nicht,“ sagt Andreas Timm. Zumindest nicht, wenn es um die Wahl des Ehepartners geht. Ganz im Gegenteil: Hier wird stärker denn je auf Schichtenzugehörigkeit geachtet. Die sozialen Kreise, die immer noch stark mit dem Bildungsniveau korrelieren, schließen sich ab. Die angebliche Offenheit unserer Sozialstruktur nimmt ab. Besonders, wer erst mit 25 Jahre die Uni verläßt, neigt stark zur sogenannten „Homogamie“, sprich: heiratet unter Gleichen.

Die Bremer Wissenschaftler haben statistisches Material von 12.000 repräsentativen westdeutschen Biografien ausgewertet. Ihre Untersuchungen erstrecken sich auf die letzten 50 Jahre. Sie glauben, daß es das Bildungssystem selbst ist, das die Zunahme der Bildungshomogamie produziert. Immerhin stellen sie fest, daß Ungelernte bei der Partnerwahl noch am wenigsten festgelegt sind. Doch je besser die Ausbildung, sprich je länger man sich in Bildungsinstituten aufhält, desto homogener wird das Umfeld; Akademiker reden schließlich nur noch mit Akademikerinnen – auch wenn es um die Verabredung einer tiefergehenden Beziehung geht. Dieser Effekt wird nachhaltig durch die Verbesserung der Bildungschancen bei Frauen unterstützt. Die Bremer sprechen von „strukturell erhöhten Kontaktchancen der Frauen zu Gleichqualifizierten“. Andersherum hat, ergaben die Untersuchungen, der Anteil der „traditionell aufwärtsheiratenden Frauen“ über die letzten 50 Jahre hinweg von 60 auf 35 Prozent abgenommen.

Erstaunlich fanden die Forscher, daß sich die Wahrscheinlichkeit, daß eine gut ausgebildete Frau einen gering qualifizierten Mann heiratet, nicht erhöht hat, obwohl sich die „jüngeren Frauen im Vergleich zu den jüngeren Männern jeweils stärker von der Bildungsexpansion profitiert haben“. Ein Mann heiratet eher nicht „aufwärts“. Es sind auch insbesondere Männer die, wenn sie das Bildungsniveau ihrer Familie übertroffen haben, lieber Partner aus der Herkunftsschicht wählen. Andersherum: schaffen es die Kinder aus gut gebildetem Haus nicht, das Niveau in ihrer eigenen Biografie zu halten, setzen sie alles daran, den „Mißerfolg“ durch „Aufwärtsheiraten“ zu kompensieren.

„Die sozialen Verkehrskreise schließen sich zunehmend“, resümieren die Bremer Soziologen. „Zusammengenommen sprechen unsere empirischen Ergebnisse für Westdeutschland dafür, daß es durch Modernisierungs- und Individualisierungsprozesse zu keiner bedeutsamen Vermischung bildungsspezifischer Kreise durch Heirat gekommen ist.“

BuS

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