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"Nicht kaputtblähen"

■ Sachsen-Anhalt will dem MDR-Jugendradio "Sputnik" eine UKW-Frequenz erteilen - die Nachbarn Sachsen und Thüringen fürchten nun um ihre Privatradios

Wenn der SPD-Abgeordnete Lutz Kühn in Rage gerät, läuft sein rundes Gesicht rot an und anwesende Parlamentarier oder Besucher einer Diskussionsrunde bekommen kämpferische Attacken, manchmal auch etwas Unflätiges zu hören. Da klingen seine Worte diesmal vergleichsweise gelassen – wenn auch eindeutig: Die rot- grüne Regierung in Sachsen-Anhalt hätte den Weg für eine UKW- Verbreitung des Jugendradios „MDR-Sputnik“ „getrampelt“, wenn Intendant Udo Reiter das Programm jetzt nicht auf die neue Frequenz schalte, fühle er sich „irgendwo verarscht“.

Vor einem Jahr noch wollte Reiter von einem UKW-Programm „Sputnik“ gar nichts wissen. Auf einen entsprechenden Vorschlag aus Sachsen-Anhalt erklärte er lapidar, es liege wohl ein „Mißverständnis“ vor. Er habe lediglich für sein Nachrichtenradio „MDR-Info“ (das bisher auf Mittelwelle sendet) UKW-Frequenzen beantragt. SPD und Grüne in Magdeburg blieben aber hartnäckig und machten Reiter klar, daß neue Übertragungswege für das Nachrichtenradio nur zu haben seien, wenn das Jugendradio „Sputnik“ zumindest an seinem Hauptsitz in Halle eine starke UKW-Frequenz bekomme.

Vor zwei Wochen nun hat der Medienausschuß des Landtags von Sachsen-Anhalt der „Sputnik“- UKW-Frequenz zugestimmt, und damit wäre die Sache eigentlich geritzt. Streit gibt es aber, weil sich Sachsen und Thüringen, die anderen beiden Länder im Sendegebiet, übergangen fühlen. Der Chef der Thüringer Staatskanzlei, Michael Krapp (CDU), meckerte nach der Entscheidung, es sei kein Einvernehmen zwischen den Ländern hergestellt worden. Sachsens Regierungssprecher Michael Sagurna hatte schon vorher angedroht, sein Land werde nur ein zusätzliches, aber nicht zwei weitere UKW-Programme des MDR tolerieren.

Die CDU-Politiker befürchten, daß die Privatsender in ihren Ländern Hörer verlieren, schließlich würde „Sputnik“ nicht nur in Sachsen-Anhalt rund 500.000 Menschen erreichen, sondern von Halle auch ins benachbarte Leipzig abstrahlen. Kein Wunder, daß sich der Verband Privater Rundfunk und Telekommunikation beschwert, mit der UKW-Frequenz in Halle werde „das Einfallstor für die Verbreitung von ,Sputnik‘ in Mitteldeutschland geöffnet.“

Obwohl Sachsens Ministerpräsident Kurt Biedenkopf als Schutzengel für den Privatfunk bekannt ist, sieht sich Sprecher Sagurna ungern in der Rolle des Lobbyisten. Er mahnt lieber, es müsse zugunsten der öffentlich-rechtlichen verhindert werden, daß die Sender immer mehr Wellen aufmachten und sich dadurch „kaputtblähen“. Zudem begrenze der MDR- Staatsvertrag die UKW-Programme. Daneben pochen Sachsen und Thüringen auf einen weiteren Passus im Staatsvertrag, nach dem sich die Länder über die Zuordnung technischer Übertragungswege einigen müssen. Sachsen-Anhalts Staatskanzleichef Niels Jonas (SPD) hat dagegen bereits ein Rechtsgutachten vorgelegt.

Derzeit kommt „Sputnik“ noch aus dem All: Das Nachfolgeprogramm des DDR-Jugendradios DT 64, das nach der Wende unter Protesten abgeschaltet wurde, ist seit 1993 nur über Satellit und die Kabelnetze einiger Städte zu empfangen. Doch ohne die UKW-Frequenz verlor Sputnik nicht nur viele Hörer, sondern auch den alten Mythos: Bis auf die Magazine „Rush Hour“, „DX-Club“ und spezielle Musiksendungen erinnert nicht mehr allzu viel an das schrille Jugendprogramm vergangener Tage. Heute verlesen Moderatorinnen im „Morgenrock“ gemußt-gutgelaunt ihre Softnews, die eigentlich jeder in der Bild nachlesen kann.

Intendant Reiter, der als ARD- Vorsitzender sonst gerne auf seine Mehrländeranstalt als zukunftsweisendes Beispiel für die fusionsunwilligen kleinen ARD-Sender verweist, will sich aus dem Länderzwist raushalten: Er wisse nur, daß zur Zeit in Thüringen ein Prüfungsverfahren laufe. Das wolle er abwarten und „vorher nicht groß spekulieren.“ Allerdings steckt der Intendant in der Zwickmühle: Läßt er „Sputnik“ auf UKW, verscherzt er es sich mit den Regierungen in Dresden und Erfurt, andererseits würde er wohl gegen die Absprachen im eigenen Land verstoßen. „Ich sehe nicht“, sagt Staatskanzleichef Jonas, „daß der MDR sich selbst amputieren sollte.“ Georg Löwitsch

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