Auch Norwegen kriegt sein eigenes Gorleben

■ Gegen die Proteste aus dem In- und Ausland hat die Regierung ein Atommüllendlager beschlossen. Dabei hat Norwegen selbst gar keine AKWs

Oslo (taz) – Norwegens Regierung hat beschlossen, daß im Land ein eigener Endlagerplatz für Atommüll gebaut werden soll. Himdalen heißt das norwegische Gorleben, wird einige Nummern kleiner als das deutsche Vorbild sein, aber deswegen kaum weniger umstritten.

Protest gegen das Atommüllklo, das tief in den Fels gesprengt werden soll, hat es außer im Land selbst vor allem bei den schwedischen NachbarInnen gegeben. Gerade 30 Kilometer von der norwegisch-schwedischen Grenze entfernt soll das Lager entstehen, mit dessen Bau schon in diesem Frühjahr begonnen werden soll. Norwegen hat zwar keine eigenen Atomkraftwerke, aber ein Atommüllproblem: Neben schwach- und mittelradioaktivem Abfall aus Krankenhäusern betreibt das Land zwei Forschungsreaktoren, die für die Atomwirtschaft in aller Welt Forschungsaufträge durchführen und damit einen jährlich wachsenden Berg von plutoniumhaltigem Atommüll produzieren.

3.500 Fässer stehen derzeit provisorisch – teileise unter offenem Himmel und nur mit Zeltplanen bedeckt – beim Reaktor Kjeller. Bereits seit 1989 suchte die Regierung nach einem geeigneten Lagerplatz und einer Kommune, die nichts gegen ein Atomklo hat. Von 52 möglichen Standorten blieben nur zwei übrig – neben dem südnorwegischen Himdalen das in Mittelnorwegen gelegene Kukollen. Daß es Himdalen sein mußte, hat zu erheblichen, aber letztlich erfolglosen Protesten seitens schwedischer Nachbarkommunen geführt. Man fürchtet eine Verstrahlung des Grundwassers in dem nicht sehr stabilen Berggrund. Außerdem hat im vergangenen Herbst ein Erdbeben den gesamten Küstenstrich, in dem auch Himdalen liegt, durchgeschüttelt. Das Beben hat das Vertrauen in die angebliche seismische Sicherheit des fraglichen Lagerplatzes nicht eben gefestigt.

Himdalen soll bis 2030 mit höchstens 10.000 in Beton gegossenen Atommüllfässern gefüllt werden. Danach will man das Lager schließen und für 500 Jahre kontrollieren und bewachen. Norwegische AtommüllskeptikerInnen befürchten, daß das Lager, einmal begonnen, wesentlich umfangreichere Dimensionen annehmen wird. Selbst wenn Oslo seine jetzige Versicherung, man werde keinerlei ausländischen Atommüll einlagern, einhalten sollte, stehen Interessenten für das Lager in Himdalen bereit: In den Tanks der Ölförderplattformen lagern radioaktive Abfallstoffe aus Bohrschlämmen. Reinhard Wolff