: „Wir sind doch nicht resigniert“
■ Migrantinnen diskutierten mit VertreterInnen aus Kirche, Politik und Gewerkschaft über Migrations- und Asylpolitik
Die Diskussion im Konsul-Hackfeld-Haus begann mit einem mittelschweren Skandal: VertreterInnen aus Kirche, Gewerkschaft und Politik wollten über die Migrations - und Asylpolitik im Kohlschen Lande diskutieren. Doch gerade die CDU-Frau Ulrike Schreiber sagte ab. Die Thematik greife die Bundesregierung massiv an, ließ die frauenpolitische Sprecherin der Bremer CDU wissen. Eine sachgerechte Diskussion sei daher nicht zu erwarten.
Da war frau gleich mittendrin im Thema, das es zu diskutieren galt. „Wenn es um die Wahrheit geht, dann bekommt Frau Schreiber Angst“, mutmaßte Mitra Razavi vom Bremer Migrantinnenrat, die das Podiumsgespräch auf die Beine gestellt hatte. Die Wahrheit sei nämlich, daß „diese Politik rassistische Gewalt maßgeblich verursacht“und „daß es eine neue Politik der Abschiebung und Vertreibung gibt“. Deutschland hätte das europäische Jahr gegen Diskriminierung wohl mißverstanden – das hätte doch die von Innenminister Manfred Kanther durchgepeitschte neue Visumspflicht für Kinder deutlich gezeigt.
Doch ganz so krass wollte Helga Ziegert vom Deutschen Gewerkschaftsbund die politische Wirklichkeit nicht sehen. Das Problem sei eher gesellschaftlich zu betrachten: da keime in der Bevölkerung eine neue Suche nach Sündenböcken auf. Aber Resignation sei deshalb nicht angebracht. Und Pastorin Jutta Blanke aus der Heilig-Geist-Gemeinde in der Vahr-Nord sowie die SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Barbara Wulff stimmten ihr bei: „Ihr dürft euch dadurch nicht unterkriegen lassen“, appellierten sie an die Migrantinnen im Saal.
„Von Resignation spüre ich nichts in den eigenen Reihen. Was wir hier besprechen, sind doch knallharte Fakten“, platzte eine Frau im Publikum heraus und Mitra Razavi vom Migrantinnenrat schob nach: „Wir wollen jetzt endlich von Euch auf dem Podium wissen, was Ihr gegen die neue Visa-Eilverordnung getan habt und was Ihr in Zukunft plant“.
Eine erschöpfende Antwort auf diese Frage rang sich SPD-Frau Barbara Wulff mühsam ab: Die SPD sei ja eigentlich dagegen, aber irgendwie seien sich die einzelnen Landesminister nicht einig. Die Bremer SPD hätte aber den Senat aufgefordert, im Bundesrat dagegen zu stimmen, beteuerte sie – und überhaupt hätte die SPD pünktlich zum europäischen Jahr ein Einwanderungsforum geplant.
Helga Ziegert vom DGB erklärte, daß eine vom Publikum geforderte Verfassungsbeschwerde gegen die Visapflicht nicht vom DGB sondern nur durch eine betroffene Person einzureichen sei. Die Migrantinnen sollten aber lieber wie die Kohlearbeiter auf die Straße gehen. Und Pastorin Jutta Blanke kündigte an, die Eltern ihres Kindergartens in einem Protestschreiben auf die Visapflicht aufmerksam zu machen. „Ich bedauere sehr, daß die gesamte Kirche offiziell gar nicht dazu Stellung genommen hat. Wir sind ja in den Gemeinden autark. Und da präsentieren wir einen Teil der bürgerlichen Gesellschaft, bei dem sich Ausländerfreundlichkeit nicht von oben verordnen läßt.“ kat
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