piwik no script img

Ein explosives Gemisch infolge schwelenden Feuers

■ Die Verwendung von Bitumen zur Einlagerung des schwachradioaktiven Flüssigmülls ist der große Schwachpunkt bei der Aufarbeitung von Brennstäben

Das Feuer brach in der Halle aus, in der der flüssige radioaktive Müll lagerfähig gemacht wird, der bei der Wiederaufarbeitung der Brennstäbe entsteht. Die giftige Flüssigkeit wird konzentriert und in Bitumen eingebettet. Das fertige Produkt wird in langen Trommeln aufbewahrt, um es dann für den Transport in Fässer abzupacken. In diesen Trommeln geriet am Dienstag morgen um 10.08 Uhr Ortszeit in der Wiederaufarbeitungsanlage von Tokaimura das Bitumen in Brand, konnte aber in 14 Minuten von der Sprinkleranlage gelöscht werden.

Die Verantwortlichen glaubten, damit hätten sie den Unfall im Griff. Doch offenbar schwelte der Brand weiter, vermutet Jinzaburo Takagi vom japanischen Bürgerinformationszentrum für Atomenergie. „Durch die dauernde Hitze des schwelenden Bitumens reifte wahrscheinlich aus dem organischen Müll ein explosives Gemisch heran.“ Zehn Stunden später explodierte es. „Rund zwei Millionen Becquerel Jod 129 wurden nach draußen geblasen.“ Über die genaue Ursache gibt es noch keine offiziellen Berichte.

Die Verwendung von Bitumen zur Einlagerung des schwachradioaktiven Flüssigmülls ist einer der großen Schwachpunkte bei der Aufarbeitung ausgebrannter Uranstäbe. Denn Bitumen gerät bei 360 Grad von selbst in Brand. Bereits bei der Bearbeitung beträgt die Temperatur bis zu 130 Grad. „Variiert man die Prozeßchemie leicht“, sagt Helmut Hirsch von Greenpeace, „ist die Brandtemperatur schnell erreicht.“ Die Betreiber der WAA im französischen La Hague wollten Ende 1997 auf Bitumen verzichten – mangels Ersatz mußten sie den Plan auf unbestimmte Zeit verschieben. So wird auch dort weiter in den brandgefährlichen Bitumenfässern abgelagert. Auch nach Deutschland werden der Gesellschaft für Reaktorsicherheit zufolge 3.600 Bitumenfässer aus Frankreich geliefert. „Ein höchst gefährlicher Transport“, so Hirsch. Matthias Urbach

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen