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Bayern abgehängt

■ Der Eimsbütteler Metzgermeister Fruntke stellt die besten Weißwürste der Republik her Von Lisa Schönemann

Es mag dem Fremden vertrackt erscheinen, aber hierzulande gibt es rund 70 verschiedene Sorten von Wurst. Jede Supermarkt-Fleischtheke spricht Bände, wenn es darum geht, die Vorliebe der Einheimischen für fettige Zipfelwaren wie Thüringer oder Wiener zu dokumentieren.

Eine besonders feine Wurstspeise wird derweil in einer Schlachterei in der Eimsbütteler Vereinsstraße feilgeboten: die beste Weißwurst der Republik. Die Deutsche Landwirtschaftsgesellschaft hat einem dort ansässigen Metzger für seine zum Wettbewerb eingereichten Würschtel den ersten Preis verliehen. Jedenfalls hat das Ulrich Wickert vergangenen Sonntagabend zum Abschluß der Tagesthemen vermeldet – vor dem Wetter versteht sich.

Nun, die ARD-Nachrichtensendung ist auch nicht immer auf der Höhe der Zeit. An der Qualität der Weißwurst ist gewiß nicht zu deuteln, der Preis wurde freilich nicht in diesem, sondern im Jahr 1990 vergeben. Schlachtermeister Norbert Fruntke ist dies alles hochnotpeinlich.

Auf die Höhe des Preisgeldes angesprochen lächelt der Sieger selbst nach fünf Jahren noch verschmitzt. „Wo denken Sie hin“, springt seine Frau in die Bresche, der Gewinner bekomme nicht mehr als eine fade Urkunde. Im Gegenteil: Wer bei dem Wettbewerb dabei sein möchte, müsse „erstmal kräftig löhnen“. Dennoch sind beide mächtig stolz, daß ihnen beim Weißwurstdrehen niemand etwas vormacht. Bei aller Bescheidenheit: „500 Stück am Tag gehen hier schon über den Tresen“, sagt der kreative Fleischer.

Karin und Norbert Fruntke – beide in Eimsbüttel geboren – betreiben den Eckladen seit 1977. Als das Café Vienna, gleich nebenan in der Fettstraße gelegen, monatelang Weißwürste aus südlich des gleichnamigen Äquators gelegenen Gefilden importierte, bot sich der Metzger an, es den blauweißen Wurstern gleichzutun. Heraus kam das gekrönte Exemplar und ein Geheimrezept, über das sich die Eheleute beharrlich ausschweigen. Verraten läßt sich nur soviel, als daß für die Zubereitung hauptsächlich Kalbfleisch, Zitrone und Gewürze durch den Fleischwolf gedreht, in einer Mühle fein gemahlen und schließlich mit Hilfe der Wurstfüllmaschine in Därme gepreßt werden. Die Würste werden dann im Kessel gebrüht. „Nicht kochen, sonst platzen sie“, warnt Karin Fruntke.

Die Begeisterung der süddeutschen Kollegen über die Auszeichnung für den Eimsbütteler Wurstvirtuosen soll sich dem Vernehmen nach in Grenzen halten. Was in Hamburg niedergelassene Exil-Bayern nicht davon abhält, sich gelegentlich eine Ration von Fruntkes Weißwurst zu sichern. „Rang und Namen“ haben ihre Kunden, schwärmt die angetraute Metzgerfrau, deren Familie ihre Ferien gern in den Bergen verbringt. Sicherheitshalber in Südtirol. Man kann ja nie wissen.

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