Antennen raus Richtunjg Mexiko

■ Eine Zapatistin und eine Ausstellung berichten vom Kampf der EZLN

„Ist dieser neue Subcomandante Marcos schön? Denn die letzte Zeit bekomme ich nichts als häßliche Gesichter serviert und mein ganzer weiblicher Briefverkehr löst sich auf,“ schreibt der echte Subcommandante Marcos in Land und Freiheit, einer Sonderausgabe der Zeitschrift Die Aktion, über einen von der Regierung auf Agitationsreise geschickten Doppelgänger. Der humorvolle Umgang mit den Verwirr-Taktiken des mexikanischen Präsidenten Zedillo gehört zu einem von Marcos Talenten.

Der Fotograf Günter Meyer hat eine Reihe der Unternehmungen der von Marcos mitgeleiteten zapatistischen Befreiungsfront (EZLN) begleitet. Diese Woche überläßt er einige seiner Aufnahmen den Galeristen des Golden Pudel Club. Die wöchentlich wechselnde Ausstellungs-Serie mit den „Werken Semi-Prominenter“ steht im Zusammenhang mit einer in Land und Freiheit abgedruckten Solidaritätserklärung, für deren Verfasser und Unterzeichner die Zapatisten „das Wort jenen zurück geben, für die das zwanzigste Jahrhundert nur Stummheit, Rechtlosigkeit, Ausbeutung und Armut bedeutet“ hat.

VertreterInnen der EZLN sind zur Zeit in Europa unterwegs, um unter anderem darüber zu informieren, wie sich die Zapatisten mit Teilen der Kirche und Punk-Rockern im CND (Nationaler Demokratischer Konvent) zusammengeschlossen haben. Eine von diesen ist Marta Duran de Huerto Patino. Über die CND und die Frage, woher Zedillo das Geld nimmt, „um hunderte von Panzerwagen, Hubschraubern und Tausende von Militärs in Bewegung zu setzen, um mexikanische Indianer zu töten“, wird sie heute sprechen.

Daß der Ernst der wirtschaftlichen und militärischen Lage der EZLN die Fähigkeit zur Selbsteinschätzung nicht genommen hat, läßt sich an ein paar kaum sarkastisch zu nennenden Sätzen aus einer ihrer Erklärungen ablesen: „Die zapatistische Bewegung hat bewirkt, daß der Preis für das Blut der mexikanischen Indianer gestiegen ist. Gestern kostete es noch weniger als Geflügel.“

In dem auf einem Gespräch von de Huerta Patino mit Marcos basierenden Interview-Band Viva Zapata verspürt Marcos selbst keine Lust, das medial von ihm vermittelte Bild seiner Person noch weiter auszumalen. In guter Entfernung von jeder Selbststilisierung äußert sich ein Guerillero, der miterlebte, wie unüberhörbare Zustände auf die Antennen der oppositionellen Kräfte im Land treffen, bildlich über die Zapatisten: „Es war ein glückliches Medienereignis. Ich glaube nicht, daß dies von der EZLN produziert worden ist. Die Welle, die übermittelt, ist da, und was die EZLN macht, ist, das Radio anzustellen.“Kristof Schreuf

Heute, Haus für alle, Bergedorf, Wentorfer Straße 26, 20 Uhr