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Zu oft vergeblich blättern

■ Das neue „örtliche Telefonbuch“verwirrt Menschen in Bremen und im Umland

Es gibt ein neues Telefonbuch. „Das Örtliche“für Bremen links der Weser mit Zentrum, Stuhr, Syke, Thedinghausen und Weyhe. „Eines von rund 1.800 'Örtlichen', in ganz Deutschland“, wiegelt der Frankfurter Sprecher der DT-Medien, einer hundertprozentigen Werbetochter der Telekom, ab. Ein mehr als alltäglicher Vorgang quasi. Jeder mit Telefonanschluß im Einzugsgebiet des neuen Buches bekam's in den Briefkasten. Noch Fragen?

Jede Menge. Zum Beispiel: Wieso stehe ich eigentlich nicht drin? Neustädterin seit sieben Jahren; ebensolange mit Telefonanschluß. Dreimal haben wir das neue „Örtliche“jetzt ins Haus bekommen. Aber von allen drei Mietparteien ist keine verzeichnet. Welchen Service hat sich die Telekom denn da wieder ausgedacht? Und: Wessen Nummer fehlt eigentlich sonst noch?

Was der Herr von den DT-Medien nicht weiß, hat die freundliche Dame der Kundenberatung beim zuständigen Verlag Heise in Hannover schon tausendfach beantwortet. „Sie stehen nicht drin, weil Sie im Bremer Telefonbuch nur mit Namen verzeichnet sind, nicht mit Adresse.“Pech. Woher sollte der Computer ohne meine Straßenangabe schließlich wissen, daß ich in der Bremer Neustadt, also links der Weser, wohne?

Diese Frage löst bei Klaus Wendel, dem Sprecher der hiesigen Telekom, verhaltene Bestürzung aus. „Ganz einfach. Hätte man nach Telefonnummern sortiert, nach den Anfangsnummern 55 und 53 beispielsweise, wäre das nicht passiert“, seufzt er. Das hat der Herr von den DT-Medien wohl auch nicht gewußt.

Der Frankfurter Pressechef der DT-Medien ist derweil vom Neuzuschnitt des „Örtlichen“völlig begeistert. Schließlich sei das Buch „an wirtschaflichen Kriterien“orientiert, sagt er. So habe man es mit den Wirtschaftsförderern in Bremen und im Bremer Umland besprochen: Wohin PendlerInnen aus dem Speckgürtel strömen, von dort sollen sie künftig die Telefonnummern frei Haus bekommen. Daß der Radius der Menschen aus Syke, Weyhe und Thedinghausen in der Neustadt und der Bremer City enden soll, findet er allerdings kurios. Aber das neue „Örtliche“sei eben einzigartig. Ein Buch ähnlichen Zuschnitts gebe es nirgends. Kein Frankfurt rechts vom Main; kein Hannover links der Leine, auch kein Berlin links der Havel und rechts der Spree.

Apropos: Wann kommt denn eigentlich das „Örtliche rechts der Weser“? Das fragen viele, lachen die Verlagsfrau und der Telekom-Mann sehr freundlich, aber unverbindlich. Die Antwort ist vage: Frühestens in einem Jahr. Wenn überhaupt. Und habe ich nicht als Bremerin sowieso das große, fette Bremer Telefonbuch?

Das habe ich. Ebenso wie die Leute aus den Umlandgemeinden es schon lange haben. Und deshalb sind auch hier die wenigsten wirklich erfreut über die Neuerung. Zu dick, jammern sie. Was war das schlanke Syker „Örtliche“früher angenehm. Und sowieso: Wieso steht eigentlich der Nachbarort nicht drin. Verden zum Beispiel, woher die Kollegin kommt, das wäre doch was.

Darüber haben auch schon andere nachgedacht. Und gehandelt. Während BremerInnen darüber schimpfen, daß man in der Neuerwerbung zu oft vergeblich nach Nummern von FreundInnen sucht, gibt es im Umland schon komplett anders geschnittene Telefonbücher – anderer Firmen. ede

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