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Gebühren gegen das Studieren

■ Einführung von Verwaltungsgebühren nur zusammen mit Niedersachen

Die Stimmung ist mies an der Uni. „Ich kann mich irgendwie nicht mehr finanzieren“, meint Markus, der im fünften Semester Biologie studiert. In den nächsten Monaten wollte er von zuhause ausziehen. Jetzt ist er durch die angekündigte Erhebung von Einschreibgebühren von rund 100 Mark pro Semester verunsichert. „Das ist zwar nicht viel Geld, aber wenn das so weitergeht, können nur noch die Reichen studieren“, meint Kommilitonin Judith. Durch Eltern und Nebenjobs kommt sie auf 1.000 Mark im Monat. „Außer mal am Wochenende in die Kneipe oder Disco ist da nichts mehr drin.“

Alles wird teurer für die Studies: Der Sozialbeitrag für das Studierendenwerk erhöht sich von 48 auf 60 Mark, dazu kommen AStA-Beitrag (15 Mark) und das Semesterticket für die BSAG (78 Mark). Das Mensa-Essen wird spätestens Anfang '98 teurer, und wer mit dem Auto zur Uni fährt, muß ab 1. April Parkgebühren zahlen.

„Man möchte die Studienzeiten verkürzen und zwingt statt dessen Studierende immer mehr dazu, nebenher zu arbeiten“, wundert sich Christian Rohlfing, Leiter des Studierendenwerks. „Die Bafög-Anpassungsdebatte der letzten Jahre hat schon Wirkung gezeigt. Es stellen viel weniger Studierenden einen Antrag.“Die neuen Pläne des Senats findet er „beschämend“.

Bei den Chef-Gesprächen vergangene Woche war Wissenschaftssenatorin Bringfriede Kahrs (SPD) aufgefordert worden, die Verwaltungsgebühr von rund 200 Mark pro Jahr zum Sommersemester '98 zu erheben. Hieß es noch vor wenigen Wochen in der Wissenschaftsbehörde, solche Gebühren kämen für Bremen nicht in Betracht, sind sie jetzt als Einnahme eingeplant. Bei einer Nicht-Erhebung fehlen im nächsten Haushaltsjahr der Wissenschaft rund 4,5 Millionen Mark.

„Ich mache es nur mit Niedersachsen zusammen“, steht für die Wissenschaftssenatorin Bringfriede Kahrs fest, um die Attraktivität des Studienortes nicht zu gefährden. Im Hannoveraner Wissenschaftsministerium war man über die Bremer Ankoppelung jedoch überrascht. Die dortige SPD-Mehrheit hatte erst im vergangenen Dezember Verwaltungsgebühren für Niedersachsen vorerst abgelehnt. Damit war das Thema vom Tisch. Kahrs will sich jetzt mit ihrer niedersächsischen Kollegin Helga Schuchardt erneut zusammensetzen. Doch deren Pressesprecherin ließ wissen: „Bis 1999 ist das für uns kein Thema mehr.“

Sowohl in Berlin als auch in Baden-Württemberg, wo solche Gebühren bereits gezahlt werden, gab es heftigen Protest der StudentInnen. Beide Male ohne Erfolg. Auch in Bremen haben StudentInnenvertreter ihren Widerstand angekündigt. Nach ihrer Einschätzung seien die Verwaltungsgebühren nur der Einstieg in die Studiengebühren.

Ähnlich sieht es auch der bildungspolitische Sprecher der Bremer Grünen, Hermann Kuhn. „Der Gedanke liegt doch nahe, Studierende bald auch für andere Leistungen der Uni bezahlen zu lassen, bei Labormaterialien, Lehrmitteln usw.“Die Verwaltungsgebühren hält Kuhn für einen Etikettenschwindel: „Das sind typische Einstiegsgebühren.“

Tatsächlich wird derzeit in der Bremer CDU über Studiengebühren für sogenannte Langzeitstudenten nachgedacht. Die bildungspolitische Sprecherin der CDU, Elisabeth Motschmann, kann sich so etwas wie in Baden-Württemberg vorstellen: Dort zahlen Studierende bei Überschreitung der Regelstudienzeit um vier Semester jeweils 1.000 Mark Semestergebühren.

Ausgerechnet der CDU-Nachwuchs vom „Ring Christlich-demokratischer Studenten“(RCDS) plant derweil den Aufstand juristisch: Eine Klage ist in Vorbereitung. „Man muß sehen, wie hoch die tatsächlichen Kosten sind. Für uns sind 100 Mark ein pauschal festgelegter Betrag, den wir als reinen Auffüller für den Haushalt sehen“, so Claas Rohmeyer vom RCDS. In Bremen liegen noch keine Zahlen vor. Im Wissenschaftsressort richtet man sich daher nach der Berliner Rechnung. Dort summierte man 149 Mark. „Viel zu hoch“, so Rohmeyer.

Eine Unterscheidung zwischen Verwaltungs- und Studiengebühren dürfte in Bremen schwieriger werden als anderswo: In der Hansestadt (wie in Oldenburg) wird seit einiger Zeit der Globalhaushalt erprobt. Die Hochschulen können hier mit dem zugewiesenen Geld autonom wirtschaften. Wenn die Verwaltungsgebühren direkt in den Globalhaushalt der Universität fließen, kann die Hochschule damit genauso wirtschaften wie mit Einnahmen aus einer Studien- bzw. Universitäts-Taxe. Luigi La Grotta

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