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Israel lehnt Regierungskritiker als Reiseleiter ab

■ Mitarbeiter der Bundeszentrale für politische Bildung von Israelreise entbunden

Berlin (taz) – „Das ist ein interner Vorgang. Über die Gründe kann ich leider nichts sagen.“ Immerhin bestätigt der Pressesprecher des Bonner Innenministeriums, daß dem Redakteur der Bundeszentrale für politische Bildung, Ludwig Watzal, in der vergangenen Woche verboten worden ist, eine Reisegruppe von Journalisten nach Israel zu leiten. Zwar muß das Innenministerium Reisen von Mitarbeitern der Bundeszentrale genehmigen, doch war dies bisher ein simpler Verwaltungsvorgang.

Watzal hat bislang an zwei Israelreisen teilgenommen und eine dritte geleitet. Beanstandungen hat es intern bislang nicht gegeben. Im Gegenteil: Die Bundeszentrale hat noch im März 1995 die Arbeit von Watzal in einem Leserbrief an die Frankfurter Rundschau als „solide, abgewogene und gewissenhafte fachliche Arbeit“ verteidigt. Für den Israeltrip, der im Mai stattfinden soll, hatte Günther Reichert, Präsident der Bundeszentrale, Watzal selbst vorgeschlagen. Insofern, so Reichert, sei es sehr verwunderlich, daß die Leitung der Reise nicht genehmigt worden sei. An eine Intervention seitens Dritter glaubt Reichert indes nicht. Das Innenministerium habe im Rahmen des „pluralen Bildungsauftrags“ und der „Gesamtrepräsentanz der Bundesrepublik Deutschland“ eben so entschieden, wie es entschied.

Während der Präsident seinen Mitarbeiter für kompetent hält, hat Watzal ein Schreiben erhalten, in dem das Innenministerium ihm die „fachliche Kompetenz“ schlicht abspricht. „Das“, so Watzal, „grenzt an Rufschädigung. Dagegen werde ich juristisch vorgehen.“ Neben seiner Tätigkeit für die Bundeszentrale ist Watzal als Kritiker von Menschenrechtsverletzungen der Israelis wie der Palästinenser hervorgetreten – allerdings als Privatperson. Stein des Anstoßes, vermutet Watzal, sei sein Buch „Frieden ohne Gerechtigkeit? Israel und die Menschenrechte der Palästinenser“.

Der Pressesprecher der israelischen Botschaft in Bonn, Ammon Noy, bestätigt diese Vermutung indirekt: „Daß jemand, der sich als Kritiker der israelischen Politik profiliert hat und nach unserer Ansicht einseitig ist, für diese Reise prädestiniert ist, wage ich zu bezweifeln.“ Er hält die Entscheidung des Innenministeriums für „vernünftig“. Die diplomatisch ungewöhnliche Kommentierung eines internen Vorgangs rechtfertigt er mit den „besonderen Beziehungen“ zwischen Deutschland und Israel. Zur weiteren Begründung verweist Noy auf die Ankündigung eines Seminars der Volkshochschule Bonn, das Watzal leiten sollte. „Mit dem Wahlsieg von Benjamin Netanjahu und der Bildung einer chauvinistischen und religiös fundamentalistischen Regierung in Israel hat das Land einen Rechtsruck vollzogen“, heißt es dort. Diese Formulierung stammt indessen nicht von Ludwig Watzal, sondern von der Volkshochschule Bonn. Watzal hat das Seminar deswegen zunächst absagen lassen.

Ob es einen Zusammenhang zwischen der Seminarankündigung, der Kritik der israelischen Botschaft und der Entscheidung des Innenministeriums gibt, bleibt vorerst im dunkeln. Watzals „private“ Publikationen hat die Bundeszentrale für politische Bildung bislang nicht in ihre offizielle Schriftenliste aufgenommen. Georg Baltissen

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