: Alles ist Kismet
■ „Auf dem Weg zur Rose“: Orientalisches Märchen im Bremer Schnürschuh-Theater
Die Worte „Kismet“, „Allah“und „Iman“erfüllen wie selbstverständlich den Raum. Felle liegen auf dem Boden, karge Bäume stehen auf der Bühne – und nur eine Frau. Corinna Senkbeil ist die einzige Darstellerin in dem Stück, das von der aufkeimenden Liebe eines jugendlichen Hirtenpaares erzählt. „Auf dem Weg zur Rose“soll ein „fast orientalisches Erzählspiel“sein – und dieser Name ist zu Recht gewählt.
Denn eigentlich ist „Auf dem Weg zur Rose“nichts anderes als ein türkisches Märchen, das die Märchen-Autorin Sophia von Kamphoevener aufs Papier brachte – und das Schnürschuh-Schauspielerin Corinna Senkbeil durch Zufall in dem Bücherschrank einer alten Dame entdeckt hatte. Sofort „fasziniert“soll sie von der Erzählung gewesen sein, von ihrer blumigen und kraftvollen Sprache. Eigene Sehnsüchte nach Liebe und Mitleid soll die deutsche Autorin Sophia von Kamphoevener, die in der Türkei aufgewachsen ist, in ihr verarbeitet haben. Das gefühlvolle Stück steckte auch Regisseur Marcel Wagner an, und das Schnürschuh-Team machte sich an die Arbeit.
Das Resultat ist ebenso moralisch wie die Märchenvorlage selbst. Denn das „Kismet“bestimmt hier, was sich in den folgenden 60 Minuten auf der Bühne abzuspielen hat. Noch wandelt der Hirtenjunge Achmed mit seiner neuen jungen Geliebten Ügül glücklich über steinige Bergketten, um in das Tal seiner Sehnsucht zu gelangen. Doch dort angekommen, machen „schädliche Rosenausdünstungen“das einstige Glück schnell zunichte. Denn das Mädchen Ügül erkrankt an dem für Achmed so wohligen Rosengeruch – und wird von einer Frau im Tal aufgelesen. Die reife und weise Hütten-Frau setzt schließlich alles daran, dem freiheitsliebenden Achmed sämtliche Flausen und damit auch das Tal der Rosen aus dem Kopf zu treiben. Denn gute Hirtenjungen nehmen ihre Verantwortung für die Familie wahr, und weil Ügül ein Kind erwartet, erkennt er schließlich seine „falschen Ziele“an.
Ein ganz normals Märchen eben – dafür jedoch äußerst geschickt inszeniert. Denn Solo-Darstellerin Corinna Senkbeil gelingt es auf beeindruckende Weise, Hilfsbrücken für die Vorstellungskraft der ZuschauerInnen zu schaffen. Mal bellt sie wie der Hund Atalan, schluchzt wie das junge Mädchen Ügül oder fleht wie der Hirtenjunge Achmed. Mal sitzt sei einfach nur im Schneidersitz auf dem Boden und treibt mit ihrer Erzählung die Geschichte weiter. Da wird das Kissen neben ihr zu einem Kopf, der gestreichelt wird. Ein Fell wird zum schlafenden Hund und das Heben einer Teetasse zum Neigen eines Kopfes. Etwas schwer zu ertragen ist dagegen die triefige Märchensprache, die von orientalischer Musik unterbrochen wird.
Und deshalb ist das Märchen ein wahrer Genuß für Menschen, die auf Räucherstäbchen und verträumte Geschichten stehen. Alle anderen müssen dagegen mit der Lust auf etwas Deftiges, Schrilles und Handfestes nach Hause gehen.
Katja Ubben
„Auf dem Weg zur Rose“heute, 21.3., und morgen um 20 Uhr im Schnürschuh-Theater
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