: Der Löwe Manni wird mutig
Nach dem 2:0 gegen Hansa Rostock empfiehlt 1860-Trainer Werner Lorant seinen Uefa-Cup-interessierten Spielern einen Sieg beim VfB ■ Aus München Nina Klöckner
Bernhard Winkler stürmte vom Platz, als seien hungrige Wölfe hinter ihm her. Vorbei an den wartenden Journalisten, TV-Kameras und Mikrophonen. Runter zur Glastüre, die in die rettenden Katakomben führt. Dabei hätte der Stürmer von 1860 München allen Grund gehabt, sich feiern zu lassen. Wieder hat er im richtigen Moment den Kopf hingehalten, wieder ein Tor gemacht, wie in vielen Spielen zuvor auch. 17mal hat er in dieser Saison schon getroffen, und so in der Liste der besten Torschützen Fredi Bobic eingeholt. Natürlich ist er stolz, weil „ich von vielen doch immer nur belächelt worden bin“. Viel sagen will er dazu trotzdem nicht, weil er zu wissen glaubt, was wieder geschrieben worden wäre, „wenn es diesmal nicht geklappt hätte“. Deshalb überläßt er das Reden lieber den anderen.
Seinem Trainer Werner Lorant zum Beispiel. Der saß oben im warmen Pressezimmer und grinste in die Runde: „Ich bin sehr zufrieden mit meiner Mannschaft.“ Noch Fragen? Nein. Aber „ich habe noch etwas zu sagen“, sagt Lorant. Schließlich haben seine Kicker gerade 2:0 gegen Hansa Rostock gewonnen und damit das vierte Heimspiel in Folge. Überhaupt läuft es bei den Löwen seit der Winterpause erstaunlich gut. In den letzten sieben Spielen haben sie 16 Punkte geholt und sich aus dem Keller auf den achten Tabellenplatz vorgeschoben. Das genießt der Trainer, nicht nur, weil „wir jetzt nicht mehr so weit nach unten schauen müssen“. Sondern vor allem, weil er mal wieder alles richtig gemacht hat.
Mit Abedi Pelé hat er zum erstenmal einen hochbezahlten, international erfahrenen Spieler zum Giesinger Arbeiterklub gelockt. Der saß am Anfang meist auf der Bank und wirkte, wenn er mal auf den Rasen durfte, wie ein kleines Kind, das im Getümmel seine Mutter verloren hat. Inzwischen tänzelt er so leichtfüßig durchs Mittelfeld, daß ihn seine Gegenspieler nur durch Fouls vom Ball trennen können. „Weltklasse!“ sagt Lorant und etwas hämisch zu den Journalisten: „Ihr müßt halt mal dem Trainer glauben, ich weiß, wann der spielen muß.“ Das gilt auch für die restliche Kreativabteilung, bestehend aus Petr Nowak, Harald Cerny, Daniel Borimirow oder Manfred Bender. Letzteren hat Lorant aus Karlsruhe geholt, weil man ihn dort nicht mehr haben wollte. Auch beim neuen Arbeitgeber wollte es zunächst nicht klappen. Jetzt aber läuft er unverdrossen die Seitenlinie entlang und schlägt seine Flanken in den Strafraum. Und „da vorn haben wir einen Bernhard Winkler“, sagt Abwehrspieler Thomas Miller, „der macht sein Tor.“
Und mit jedem, das er macht, wächst das Selbstbewußtsein der ganzen Mannschaft. Da ist es auch nicht schlimm, daß Winkler gegen Rostock in der dritten Minute einen Elfmeter verschossen und wenig später nur an den Pfosten geköpft hat. „Wir spielen jetzt um einen Platz im Uefa-Cup“, sagt Kapitän Manfred Schwabl. Und er sagt es bewußt, „sonst nimmt uns doch niemand mehr ernst“.
Sein Präsident Karl-Heinz Wildmoser wird das mit Vergnügen hören. Denn ein Verein wie der TSV 1860 München könne nicht immer nur gegen den Abstieg spielen, findet der. Wildmoser läßt keinen Zweifel daran, wo er mit seinem Verein hinwill. „Unser Ziel in der kommenden Saison ist Platz drei bis sieben“, sagt er. Schließlich will er noch mehr Spieler wie Pelé an die Isar locken. Dafür müsse man aber auch international mitspielen. Um für alle Wahrscheinlichkeit gerüstet zu sein, hat er im vergangenen Jahr schon mal das Vereinsgelände für drei Millionen Mark modernisiert und ausgebaut.
Nur Werner Lorant hält sich bei den Zukunftsspekulationen sehr zurück und gibt die Verantwortung lieber weiter: „Wenn meine Spieler vom Uefa-Cup reden, dann sollen sie in Stuttgart gewinnen.“ Dort müssen die Löwen nächste Woche antreten. Dann kommt es auch zum Duell der erfolgreichsten Torschützen. Bernhard Winkler wird das gar nicht gern hören.
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