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Spaniens Richter geben Geheimdienstunterlagen frei

■ Informationen über die Verwicklung von Expräsident Felipe González in eine Mordkampagne gegen Anhänger der baskischen ETA sind jetzt gerichtsverwertbar

Madrid (taz) – Vier Tage saßen die 33 Richter des dritten Saales des Tribunal Supremo, Spaniens Obersten Gerichtshofs, über der wohl schwierigste Entscheidung ihrer juristischen Laufbahn. Die Ermittlungsrichter in den verschiedenen Verfahren gegen die „Antiterroristischen Befreiungsgruppen“ (GAL), die spanischen Todesschwadronen, denen in den achtziger Jahren in Südfrankreich 28 Menschen aus dem Umfeld der baskischen ETA zum Opfer fielen, hatten die Einsicht in eine Reihe von Geheimdienstunterlagen beantragt. Das Tribunal Supremo hatte zwischen Staatssicherheitsinteressen und dem berechtigten Anliegen der Gerichte nach ungehinderten Ermittlungen abzuwägen – es entschied sich für letzteres. Spaniens Regierung wird aufgefordert, unverzüglich 13 der insgesamt 16 fraglichen Dokumente des militärischen Abschirmdienstes Cesid herauszugeben.

Nach der Entscheidung des Tribunal Supremo vom Samstag können die GAL-Ermittlungsverfahren jetzt in die letzte und entscheidende Runde gehen. Die Anwälte der Opfer sehen in den Papieren den Beweis, daß die rechtsterroristische Gruppe im Auftrag des Innenministeriums der damaligen sozialistischen Regierung unter Felipe González gegründet wurde. Die Unterlagen lassen den Schluß zu, daß Cesid und die Polizeitruppe Guardia civil den GAL die nötigen Waffen und sonstige Infrastruktur zur Verfügung stellten und zumindest einen Teil der Opfer aussuchten. Felipe González persönlich sei davon unterrichtet worden. Einige der Unterlagen wurden von Cesid-Chef Emilio Alonso Manglano mit dem handschriftlichen Vermerk „Pte. für Freitag“ versehen. Die Abkürzung Pte. steht im Spanischen normalerweise für Presidente, also für González, mit dem sich Manglano regelmäßig traf. Der Cesid-Chef bestreitet dies: „Pte.“ habe er für „pendiente“ – „noch zu erledigen“ – benutzt.

Ein wichtiger Sieg der Justiz, der trotzdem wie eine schlechte Komödie anmutet: Kopien der fraglichen Unterlagen waren bereits 1995 bei einer Durchsuchung der Zelle des inhaftierten Ex- Cesid-Spions Alberto Perote gefunden worden und von da an im Besitz der Ermittlungsrichter, die zusammen mit den Anwälten der Opfer unermüdlich die Freigabe der Originale forderten. Felipe González wollte sie nicht herausrücken, sein Nachfolger José Maria Aznar ebensowenig. Daraufhin wurden sie der Presse zugespielt und waren im Dezember letzten Jahres ganz offiziell am Kiosk erhältlich, als Fortsetzungsserie in den beiden großen spanischen Tageszeitungen El Pais und El Mundo. Warum es trotzdem notwendig war, sie mit höchstrichterlichem Bescheid zugänglich zu machen? Nur die Originale haben Beweiskraft. Reiner Wandler

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