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Ticke, Tacke, Plom

Den Besen und das Tanzbein schwingen: In München startete die „Stomp“-Performance ihre Tour  ■ Von Vera Botterbusch

Die Bühne: zwei schwarz verhangene Eingänge, dazwischen ein Tresen aus blauen Tonnen – die Klaviatur einer riesigen Percussion-Orgel. Die Bühne: Altar und Spielraum. Da hängen sie überall, in rotblaues Licht getaucht, die Klangutensilien, die Blechschilder und metallenen Gefäße, die bald zum akustischen Leben erweckt werden sollen. „Stomp“ ist angesagt, eine als „Sensation aus London, Paris, New York, Tokio“ angekündigte Performance-Gruppe: „Theater für die Sinne“, „Rhythmus für den Körper“. Die Erwartung ist groß.

Das Publikum drängt in den Saal, mit einem von RTL gesponserten Schneebesen ausgerüstet. Dann geht es los. Ganz leise. Wie beiläufig schlurft jemand auf die Bühne, in Arbeitskleidung und mit einem Besen, schaut um sich, fängt an zu fegen. Dann kommt der nächste, noch einer, und der Rhythmus schwingender Besen wächst. Dazwischen ein Laut, wie eine Begrüßung, wenn der nächste kommt. Dann sind es acht Besen, die klopfen, kreisen und schlagen, jeder nach einem anderen Muster, vom Piano zum Forte und wieder zurück. Sie formieren sich zu tänzerischen Arabesken, treffen sich alle in einem einzigen Ton, lösen sich, setzen neu an und so fort. Als wäre da ein Straßenkehrertrupp in der Großstadt mit Lust und Laune bei der Sache. Und zwischendrin schnaufen sie.

Unentwegter Rhythmus ist das Markenzeichen dieser Musiktheaterperformance, die aus Spaß am Klang mit allem, was ein Geräusch abgibt (sei es nun Eimer, Besen oder Plastikbeutel), aus den Zwangsläufigkeiten von skandierten Tonsequenzen, dem Gleichmaß und der wechselnden Folge von Bewegungen spannend changierende Bilder kreiert, kleine Geschichten oder Dialoge intoniert.

Im Dunkel der Bühne ein zartes Knipsen. Dann noch eins. Lichterreihen springen mit dem Zippen des Feuerzeugs von links nach rechts, von hinten nach vorn. Oder das Spiel mit der Streichholzschachtel: Jeder schlägt den Rhythmus auf seine Weise, hat seinen Auftritt als Charakter, wie in einer Straßengang. Ein Spiel mit und über Kommunikation.

Ameenah Kaplan gibt gern den Ton an bei diesem Sound-Spektakel weicher und harter Rhythmen, geklatschter, geriebener, geschüttelter, gestampfter, getrommelter Tonspuren. Ihr Körper biegt sich in alle Richtungen, ihre Hände öffnen und schließen sich, ihre Füße variieren immer wieder neu das Ticke, Tacke, Tacke, Plom. Ameenah Kaplan bietet atemberaubende Soli mit geradezu orgiastischen Klatschkaskaden.

Sean Edwards spielt den Clown, den kleinen Dummen, der aus der Rolle fällt und aus der Reihe tanzt. Er übernimmt den Part der humoresken Verzierung, von Intermezzo und Dissonanz, von Auftakt und Schlußpunkt im rhythmischen Ensemble. Herrlich das aufmüpfige Tackern des Bleistifts zwischen seinen Zähnen bei der Zeitungsnummer oder das stets wiederkehrende, unerschrockene Plopp eines etwas zu kurz geratenen Schlauchs.

Alle Mitglieder des Ensembles spielen ihren persönlichen Rhythmus mit totalem körperlichen Einsatz: Sie robben, springen, tanzen, hämmern, stelzen auf riesigen Öltonnen und hängen freischwebend an ihrer Percussion-Orgel. Die beiden Briten Luke Cresswell und Steve McNicholas sind die Initiatoren von „Stomp“, der Kunst des „Stampfens“ und „Stapfens“. Sie begannen 1991 auf dem Edinburgh Festival mit einem „Schuß ins Dunkle“, wie sie es nennen, und sind inzwischen vom Geheimtip zum Dauerrenner avanciert. Sie setzen auf Spiel und Spaß, Improvisation und Spontaneität und verbinden gekonnt die offenen Elemente des Straßentheaters mit den ausgeklügelten Strukturen einer durchkomponierten Partitur. Sie berufen sich auf das Erlebnis afrikanischer Burundi-Trommler oder japanischer Kodo-Gruppen und wollen Musik, Theater und Performance zu einer ekstatischen Einheit verschmelzen. So entsteht der überwältigende Eindruck kalkulierter Zufälligkeiten, die sich mit tänzerischer und pantomimischer Gestik verbinden. Man wird animiert und unterhalten, überläßt sich der phantasievollen Aufbereitung des alltäglichen Geklappers und wird mitgerissen von den Eruptionen eines alles sprengenden Sound-Vulkans.

„Stomp“. 6. April in München (Deutsches Theater), danach in Wien (13.5.–1.6.), Zürich (3.–15.6.), Berlin (ab 17.6.), Frankfurt am Main (8.–20.7.) und Köln (22.7.–10.8.)

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