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Schulabbrüche steigen rasant

■ Seit 1991 doppelt so viele SchülerInnen ohne Schulabschluß

Die Anzahl der SchulabgängerInnen ohne Hauptschulabschluß in Bremen hat sich seit 1991 nahezu verdoppelt. Das ist die alarmierende Antwort des Senats auf die jüngste Anfrage der Grünen-Fraktion. Waren es im Schuljahr 1990/91 noch 291 SchülerInnen, stieg die Zahl im vergangenen Schuljahr auf 536 von 4.641 SchulabgängerInnen an. Damit lag die Quote bei 11,55 Prozent. 1991 waren es 6,33 Prozent. 62 SchülerInnen haben zudem die Schule erfolglos abgebrochen. Davon haben 53 nicht die zwölfjährige Schulpflicht erfüllt .

Als Ursache listet die Bildungsbehörde mehrere Punkte auf. Da ist von Delinquenz – also Straffälligkeit – die Rede, Antritt einer Ausbildung oder ein Umstieg in die Berufsschule. Bei ausländischen Jugendlichen wird die Rückführung in die Heimat oder der Abbruch als Familienentscheidung angeführt.

Als Gegenmaßnahme empfiehlt das Haus von Bildungssenatorin Bringfriede Kahrs (SPD) den Bildungsgang der Berufseingangsstufe bzw. Berufsfachschule, wenn SchülerInnen in der Schule zu scheitern drohen. Die Erfolgsquote liegt laut Bildungsbehörde bei 60 Prozent. Ansonsten gibt es noch die Beratung durch die allgemeine Berufsschule oder gesetzliche Zwangsmaßnahmen. Dabei geht das Haus Kahrs von einer „Stabilisierungsquote“von 40 bis 60 Prozent aus.

Anlaß für die Anfrage der Grünen war die aktuelle Schließung von Bildungsmaßnahmen an Volkshochschulen, bei denen der Hauptschulabschluß nachgeholt werden kann, so die grüne Bürgerschaftsabgeordnete Karoline Linnert. „Damit wird dieser Bereich nahezu komplett an die Erwachsenenschulen verlagert.“Dies sei für Jugendliche keine Alternative. Tatsächlich besuchen laut Bildungsbehörde nur acht schulpflichtige Jugendliche Hauptschulklassen der Bremer Erwachsenenschulen.

„All diese Zahlen sind eine schreiende Anklage gegen das Bildungssystem, das klar versagt hat“, kritisiert Linnert. Nach ihrer Meinung werden soziale Komponenten im Bildungswesen sträflich vernachlässigt. Gleiches gelte für die SchülerInneninteressen – zu volle Klassen und teils Unterricht, der pädagogisch unsinnig sei. „Die Tochter von einer Freundin schreibt im Musikunterricht den Lebenslauf von Mozart ab. Das ist idiotisch“, klagt Linnert.

Diesen Forderungen schließt sich auch der CDU-Abgeordnete Klaus Bürger an. „Im Unterricht wird zuviel geballtes Wissen vermittelt. Die Aufgaben der Schulen müßten weit mehr handlungsorientiert sein.“Vor allem an den Hauptschulen sei eine stärkere Einführung in das Berufsleben erforderlich. Ergo kommt auch Bürger zu dem Schluß: „Das Bildungssystem hat versagt.“ jeti

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