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Eine Echse namens Sielmann

■ Von der biologischen Warnung zur ästhetischen Spielerei auf Kosten der Tiere: Die Reihe "Reporter der Schöpfung" widmet sich der Geschichte des Tierfilms - manchmal kritisch (20.15 Uhr, WDR)

Einen gewaltigeren Titel konnten die Autoren wohl nicht finden. „Reporter der Schöpfung“ haben Michael Miersch und Gerd Weiss ihre Geschichte des Tierfilms genannt – das klingt nach wackeren Forschern, die im Dienste der Menschheit Dschungel und Arktis nach Lebewesen durchkämmen. Und so läßt die erste Folge keine Gelegenheit aus, um „die Pioniere“ des Genres zu heroisieren: Hans Hass, Heinz Sielmann, Bernhard Grzimek und David Attenborough – im wohlwollenden Rückblick allesamt Menschen, die mit dem Wolf tanzten und im Zweifelsfall auch mit der Speicobra.

Doch wenn ein mutiger Kameramann barfuß durch eine Schlangengrube watet, als wäre er Indiana Jones, wüßte man schon ganz gern, wozu solche Bilder eigentlich gut sind. Auch etwas grundsätzliche Kritik wäre hie und da angebracht gewesen. Klar ist der alte Jaques Cousteau ein schräger Vogel, aber man kann ja zumindest mal erwähnen, daß er der Dramaturgie zum Leidwesen von Haien und Delphinen zuweilen nachgeholfen hat. Auch Grzimeks seltsame Marotte, Leoparden und Otter mit ins Studio zu schleppen, ist nicht jedermanns Sache. Doch kritisch wird die erste Folge der Dokumentation nur da, wo es sich gar nicht mehr vermeiden läßt. Wenn zum Beispiel die Tierfilmer das Grammophon im Urwald aufstellen und mit den Eingeborenen Polonaise turnen.

Vielleicht ist es ja auch nur eine subtile Reminiszenz, daß der Film über den Tierfilm weitgehend auf störende Zwischentöne verzichtet, schließlich diente ja auch das Genre selbst lange Zeit vor allem der kurzweiligen Überbrückung langweiliger Sonntagnachmittage. Unter dieser Prämisse kann man dann durchaus die exotischen Bilder aus fernen Fernsehtagen genießen, als Fritz Egner noch mit seinem Hamster zu Hause spielte und nur promovierte Zoologen ins Studio gelassen wurden, die dann vor großen Weltkarten auf Märchenonkel machten. Zu diesem leicht vergilbten Filmmaterial gesellen die Autoren schöne Randnotizen: Hätten Sie gewußt, daß vor Galapagos eine wasserdichte Echse herumpaddelt, die auf den Namen Sielmann hört? Schön auch, wenn die Forscherlegenden aus alten Leserbriefen zitieren, zum Beispiel dem eines kleinen Jungen, dem die Eltern regelmäßig befahlen, doch mal „den ekligen Kerl abzustellen, der sich immer die Affen um den Hals hängt“.

Die zweite Folge widmet sich den Tricks der Tierfilmer, die zuweilen ganze Hügel mit dem Bagger abtragen, um einen Blick in das Wohnzimmer von Familie Eisvogel zu werfen. Natürlich dürfen auch die Spaßmacher nicht fehlen, die in selbstgenähten Känguruhkostümen durch die australische Wüste hoppeln. In einer weiteren Folge wird das Hohelied auf die Technik angestimmt. Ein Hoch auf die optischen Werke dieser Welt, die es biologisch interessierten Kameramännern erst möglich machen, das Liebesspiel der Schnecken zu filmen oder den Flug einer Fledermaus sichtbar zu machen. Aber auch hier zeigt sich, daß viele Tierfilmer nicht zimperlich sind, wenn es gilt, Schnappschüsse zu machen. Da wird mitunter selbst der weiße Hai zum Helfer degradiert, der mit umgeschnallter Kamera durch die Wellen pflügt.

Lehrreich ist diese Reihe vor allem, weil sie nicht nur die Arbeit der Tierfilmer, sondern auch die Tierfilmer selbst porträtiert. Wenn Heinz Sielmann durch den Garten seiner Münchener Stadtrandvilla schreitet und gar nicht mehr aufhören will zu erzählen, was er doch für ein toller Typ ist, wirkt das durchaus so, als nehme er das mit den „Reportern der Schöpfung“ für bare Münze. Oliver Gehrs

Nächste Folgen jeweils am Dienstag, 20.15 Uhr, WDR

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