: Italienische Luxusschlitten unterm Hammer
■ Der traditionsreiche Automobilhersteller Bugatti wird nun ausverkauft. Rund 115 Millionen Mark Schulden
Berlin (taz/AFP) – In den goldenen 20ern und den Endzeit- 30ern konstruierte Bugatti die Sportlimousinen mit den edelsten Schwüngen bei Kühlerhauben und Kotflügeln weltweit. Dort wo einst die Träume der Autofans in Blech gehämmert wurden, saust seit gestern der Auktionshammer nieder. Erstes Opfer ist das Werk im italienischen Campogalliano geworden. Dort wurden neben Maschinen und Montageanlagen auch die Kantinenküche nebst Mobiliar versteigert. Der Erlös: umgerechnet rund 5,3 Millionen Mark. Außerdem kamen sechs Rennwagen des Typs B 110 mit einem geschätzten Wert von 1,3 Millionen Mark unter den Hammer.
Der traditionsreiche Hersteller hatte bereits im Herbst 1995 Konkurs angemeldet. Seitdem wurde erfolglos nach geeigneten KaufinteressentInnen gesucht. Denn die neuen Chefs müßten erhebliche Reserven mitbringen: Experten schätzen, daß allein die Wiederaufnahme der Produktion 44 Millionen Mark kostet. Auf Wunsch der Firma Bugatti sollte mit der Versteigerung noch gewartet werden. Doch die Banken sowie die Mehrzahl anderer GläubigerInnen drängte seit Jahresanfang auf einen raschen Beginn des Unternehmensverkaufs. Bugatti steht insgesamt mit umgerechnet rund 115 Millionen Mark in der Kreide.
Ettore Bugatti, selbst Rennfahrer und begeisterter Automobilfan, gründete die Firma 1907. Erstmals stattete er seine Gefährte mit Kompressormotoren aus, was bis dahin ungekannte Geschwindigkeiten zuließ. Bereits 1933 brachte er einen Wagen auf den Markt, der eine Spitzengeschwindigkeit von 200 Kilometern pro Stunde fahren konnte. Der tüchtige Italiener gewann selbst zahlreiche Rennen. Zu Beginn des ersten Weltkriegs begann Bugatti dann mit dem Bau von Flugzeugmotoren. Nachdem er sich im zweiten Weltkrieg weigerte, Motoren an die Deutschen zu verkaufen, mußte er zeitweilig die Produktion einstellen.
Ob auch in Zukunft die italienischen Luxusschlitten zu haben sein werden, ist noch unklar. Dazu müßte der prestigeträchtige Markenname „Bugatti“ zuerst von der neuen HerstellerIn erworben werden. Der steht aber derzeit noch nicht zum Verkauf. Oliver Schilling
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