Werder – drei Punkte und gut

■ SV Werder kickte sich am Samstag verdient und hart an den untersten UEFA-Cup-Platz heran

taz-Gastautor R. (steht für Ralle) Beckmann (32) ist Gründungsmitglied von Vibrator Moskovskaya aus Bremen, dem amtierenden deutschen Alternativmeister im Fußball und damit Ausrichter der diesjährigen Deutschen Alternativen Meisterschaften (DAM). Das Turnier von 24 Teams aus dem ganzen Bundesgebiet findet Pfingsten in Bremen statt und wird von unserem heutigen Gastkommentator moderiert.

Wer deutscher Meister werden will, muß auch mal ein schwächeres Spiel gewinnen. Im Sinne dieses Einzelstücks aus dem Schatzkästchen fußballschlaumeierischer Binsenweisheiten ist der SV Werder auf Meisterschaftskurs, denn zweifellos war die Partie gegen Bielefeld kein grandioses Spiel. Allerdings ist zu befrüchten, daß Werders Konkurrenten mit Punktvorsprung noch den einen oder anderen Punkt holen.

Bleiben wir also bescheidener: Um nicht unangenehm in die Nähe von Abstiegspätzen zu geraten, muß man auch einmal solch ein Spiel gewinnen. Die TV-Interviews der Werderspieler waren dann auch von der Erleichterung geprägt, daß nach der letzten Negativserie mit dem 2:1 gegen Arminia Bielefeld endlich wieder drei Punkte geholt wurden. Bleibt zu hoffen, daß die bestehenden Probleme durch diesen eher glücklichen Erfolg nicht verdeckt werden.

Denn auch diesen Samstag brauchte der mitfiebernde Werderfan starke Nerven: Leichtsinnige Ballverluste im Mittelfeld, phasenweise Ideenlosigkeit im Spielaufbau und eine ganze Reihe gefährlicher Bielefelder Torchancen vor allem in der zweiten Halbzeit. Die triumphalen Siegesgesänge aus der Ostkurve nach dem 2:1 hätten sich als verfrüht herausstellen können.

Dennoch war der Sieg am Ende gar nicht mal unverdient. Aber der Reihe nach: In der ersten Halbzeit war Werder durchaus überlegen. Chancen kamen durch Flanken auf Bode zustande, der später auf diese Weise ja auch das Siegestor per Kopf erzielte. Wiedener hatte den schnellen und wendigen Reina gut im Griff, mit geringen Abstrichen gilt dies auch für Schierenbeck, der Kuntz bewachte. Die frühe Führung der Bielefelder durch Reeb nach einem cleveren Hackentrick von Kuntz konnte Herzog zum Glück schnell ausgleichen, weil er die Nachlässigkeit der Bielefelder Freistoßmauer ebenso clever ausnutzte.

Nach der Halbzeitpause machte sich bei Werder dann wieder die mittlerweile altbekannte Unsicherheit breit, wurden aus ballführenden Spielern verzweifelte Spieler, weil sich niemand zum Anspiel anbot. Bodes Kopfballtreffer nach Flanke von Scholz (die beiden gefielen mir heute am besten) sorgte wieder für eine gewisse Linie im Spiel. Trotzdem kam Bielefeld noch zu einigen Chancen, so daß ohne die erneut gute Leistung von Olli Reck ein Ausgleich durchaus noch möglich gewesen wäre.

Unter dem Strich bleibt festzustellen, daß der SV Werder nicht ernsthaft in den Abstiegskampf verwickelt sein wird, die momentane Spielstärke reicht jedoch nicht für eine Orientierung nach oben. Darüber darf auch die Tatsache nicht hinwegtäuschen, daß es jetzt nur noch drei Punkte bis zum untersten UEFA-Cup-Platz sind. Der Wurm steckt einfach im Mannschaftsspiel, personelle Änderungen beim Team werden wohl nicht viel Besserung bringen. Vielleicht beim Trainer...

Eine erstaunliche Begebenheit am Rande war übrigens der nahezu unbemerkt gebliebene Besuch von Ex-Coach Aad de Mos auf der VIP-Loge, der sich angeblich als neuer Trainer von Standard Lüttich den Bielefelder Sonny Silooy ansehen wollte. Der Typ hat ja Nerven!

R. Beckmann