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Geheime Kommandosache PCB

■ MitarbeiterInnen in Bürgerschaft sauer: Von PCB-Belastung erst durch die Zeitung erfahren / Staubsaugerkauf ist schwer

Schlechte Stimmung in der Bürgerschaft, und das nicht etwa zwischen Regierungsfraktionen und Opposition, sondern bei den MitarbeiterInnen. Der Grund: Von der PCB-Belastung im Bürgerschaftsgebäude haben die Parlamentsbediensteten erst durch die Zeitung erfahren, und das, obwohl die Meßwerte Bürgerschaftsdirektor Ernst-Ulrich Pfeifer schon seit Sommer letzten Jahres vorliegen, wie Bürgerschaftspräsident Reinhard Metz (CDU) am Samstag gegenüber der taz zugegeben hat. Im August 1996 hatte das Gesundheitsamt den Verwaltungschef informiert, Sanierungsempfehlungen gegeben und Sofortmaßnahmen vorgeschlagen. Eine davon: Die Anschaffung eines Feinstaubsaugers. Doch noch nicht mal der ist seither gekauft worden. Pfeifer gestern: „Man muß doch erst mal klären, ob das Sondermüll ist, der sich dann im Beutel ansammelt.“Und solche Fragen bräuchten „etwas Zeit. Wir leben nun schon 30 Jahre mit dem PCB, da kommt es auf einen Monat mehr oder weniger nicht an.“

Am Montag mußte Pfeifer bei einer Personalversammlung im Parlament harte Kritik an seiner Informationspolitik einstecken. „Wenn das alles so ungefährlich ist, dann hätte man uns das auch sagen können“, kommentierte gestern der Personalrats-Vorsitzende Peter Götze. Und nicht nur er und seine KollegInnen mußten vom PCB durch die Presse erfahren. Geheime Kommandosache PCB: „Wir hatten das noch nicht auf dem Tisch“, sagte gestern Bürgerschafts-Vizepräsident Hermann Kuhn, der für die Grünen im Vorstand der Bürgerschaft sitzt.

Ende letzter Woche war die PCB-Belastung publik geworden. Die Belastung sei nicht dramatisch, mittelfristig müßte aber die Wandverkleidung erneuert werden. Der Bürgerschaftspräsident sitzt seitdem in einer finanziellen Patsche. Metz wollte eigentlich nur den abgeschabten Teppichboden erneuern lassen. Die 1,2 Millionen Mark dafür hatte er im Haushalt auch schon freigeschaufelt. Nun sollen plötzlich noch 400.000 bis 450.000 Mark PCB-Sanierungskosten dazukommen. Und die Empfehlung, daß die Auswechslung des Teppichbodens vor der Grundsanierung keinen Sinn macht, weil sonst der neue Teppichboden gleich kontaminiert ist. Dumm nur, daß niemand weiß, woher das Geld für die PCB-Sanierung kommen soll. Pfeifer ist aber optimistisch: „Der Finanz- und der Bausenator haben zugesagt, daß sie nach Geldtöpfen suchen werden. Ich gehe mal davon aus, daß sie auch fündig werden.“

J.G.

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