: Der Pakt mit Mirow packt die Hafenstraße
■ Genossenschaft beteiligt sich an Privatisierung / BewohnerInnen noch skeptisch
Die GenossenschaftlerInnen der St. Pauli Hafenstraße wollen den Mirow'schen Pakt besiegeln: Am Freitag abend sprachen sie sich für das Privatisierungs-Konzept der Häuser an der Hafenstraße aus, das der Stadtentwicklungssenator vergangene Woche vorgestellt hatte (taz berichtete). Damit ist die Befürchtung aus dem Weg geräumt, das allseits gelobte Modell könne im letzten Moment an einer Absage der Genossenschaft scheitern.
„Die Genossenschaft St. Pauli Hafenstraße wird sich an dem jetzt verhandelten Kauf der Häuser beteiligen“, bekräftigte der Vorstand den Beschluß der Mitglieder-Versammlung gestern schriftlich. Eine zwölfköpfige Delegation wurde gewählt, um die Hafenstraßen-Genossenschaft zu vertreten. Deren derzeitiges Vermögen soll in die neu zu gründende Genossenschaft fließen. Durch den Vertrag erlangen die BewohnerInnen „zum ersten Mal in ihrer Geschichte“ eine dauerhafte Wohnsicherheit „bei weitgehenden Selbstbestimmungsrechten“, wurde die von Mirow ausgehandelte Lösung begrüßt.
Sie sieht vor, daß die Hafenstraßen-Häuser im Herbst an eine 30köpfige Genossenschaft verkauft werden, an der die Mitglieder der St. Pauli Hafenstraße zu einem Drittel beteiligt sind. Weitere Auserwählte: „renommierte Hamburger Persönlichkeiten“ um den Rechtsanwalt Hans-Jochen Waitz.
„Die Diskussion verlief ziemlich kontrovers“, sagte GALierin Susanne Uhl gestern. Noch im Februar hatte sich die Genossenschaft, die sich zum Großteil aus BewohnerInnen des Stadtteils zusammensetzt, bei Senator Mirow um die alleinige Trägerschaft der Häuser beworben. Ohne Erfolg. „Das jetzige Angebot ist ein Kompromiß“, erklärte Susanne Uhl. „Gut“ daran sei, daß die BewohnerInnen die beiden noch freien Grundstücke an der Hafenstraße mitgestalten könnten: Laut Mirow sollen sie zunächst im Besitz der Stadt bleiben; die Genossenschaft erhält aber „eine Option für einen noch zu verhandelnden Zeitraum“. Zweifel des Geschäftsführers der Hafenrand GmbH, die Genossenschaft habe möglicherweise Schwierigkeiten, den Verkaufspreis aufzubringen, wies Uhl zurück: „Wir kriegen das Geld zusammen.“
Daß nach mehr als zehn Jahren Konflikt, Demos, Besetzungen, Räumungsdrohungen, Gewalt und Krawallen um die Hafenstraße jetzt plötzlich der große Friede am Elb-ufer eingekehrt sein soll, können viele BewohnerInnen noch nicht so recht glauben. „Ich kann mir kaum vorstellen, daß sich private Investoren auf so eine Genossenschaft dauerhaft einlassen. Vielleicht reißen sie ja doch noch alles ab“, blieb ein Frühstücksgast am Sonntag mittag im Café „Tante Hermine“ skeptisch. „Wenn sie hier ein bißchen sanieren, ist das in Ordnung“, musterte ein anderer die abblätternde Wandfarbe. Daran wolle man sich auch beteiligen. Alles andere bleibe abzuwarten. Aber: „Für uns ändert sich hier gar nichts. Wir bleiben nämlich hier. So oder so.“ hh
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