■ Alle tot? Unsinn. In Wirklichkeit sieht die Sache anders aus
: Die Wahrheit nach dem Leben

James D. war erst spät zurückgekommen. Er war ziellos in seinem Porsche herumgefahren und wurde von dieser Frage gequält: War es richtig damals, „diesen Schritt“ zu tun? Er hätte noch ein paar Filme machen können. Das wäre spaßig gewesen, obwohl... Hatte man nicht von ihm erwartet, der tragische Held zu sein?

1967 kam der bärtige Schachspieler, der seine Uniform nie auszog. Die Luft war gut hier, gut für sein Asthma. Ständig faselte er, daß er sein Teil getan hatte und noch etwas mehr. Andere würden seinen Weg weitergehen und das Ziel erreichen. Doch jene verliefen sich, und nun konnte er nicht mehr eingreifen, denn er hatte, wie James D., seinen eigenen Tod fingiert, um in Ruhe Schach spielen zu können. James D. war froh, jemanden zu haben, den er im Porsche umherfahren konnte. Beim Rasen über die Landstraßen erläuterte ihm der Bärtige dafür eine Theorie: Er erzählte was von Monopoly. Oder waren es doch Monopole? James D. war vergeßlich, kein Wunder mit 66 Jahren.

Vier Jahre später wurde es gesellig: Ein Kerl aus Kalifornien kam. Er war Sänger und einiges mehr. Er hatte über „The End“ gesungen und prophezeite „no one here gets out alive“; deshalb zweifelten die meisten nicht an seinem Tod, obwohl nur ganz wenige die Leiche gesehen hatten. (Die nicht echt war.) Er war gegangen, weil er nicht falschen Erwartungen hatte gerecht werden wollen. Er sagte immer „People are strange, when you're a stranger, faces look ugly, when you're alone...“ Das muß es wohl gewesen sein.

Aus ähnlichen Gründen stieß 1980 ein Brillenträger aus Liverpool zu ihnen. Der war nicht vor kreischenden Mädchen geflohen, sondern nur vor einer Japanerin mit leichtem Überbiß. Er hatte einen Abgang ähnlich dem des Schachspielers gewählt, an einem weniger exotischen Ort. Seitdem züchtete er Erdbeeren „with a little help from his friends“. Er interessierte sich für diesen europäischen Football und nervte den Kalifornier ständig, wie Liverpool FC gespielt hatte. „Five to one baby“, war irgendwann dessen Antwort. Dann war er nicht mehr sehr gesprächig (beleidigt?) und sagte meistens nur „Hello Goodbye“.

Hinzu kam noch dieser fettleibige Südstaatler. Der saß nur rum und aß cholesterinhaltiges Zeugs in seinem „Heartbreak Hotel“, das er kurze Zeit später aufmachte. Er war nicht so cool wie der Bärtige – mit ihm konnte man keine Rennen fahren. Er zog es vor, gefahren zu werden. Jedenfalls hatte er genug davon, auf der Bühne zu stehen, die Unterwäsche verheirateter Frauen aufzufangen und dabei enthusiastisch die Hüften zu schwingen. Und das jeden Abend! Nee! Und sein Abgang hatte auch prima hingehauen. Bis kurz nach seiner Beerdigung erste Zweifel von Leuten laut wurden, die seinen Tod nicht wahrhaben wollten. Sie waren überzeugt, der King lebt. Was haben wir uns aufgeregt.

Neulich kam noch so ein Junge aus Seattle an. Er hatte die Schnauze voll und war so clever, sein Verschwinden wie Selbstmord aussehen zu lassen (inkl. Abschiedsbrief). Seitdem klagte er allerdings über starke Kopfschmerzen. Und wenn die anderen ihn auch wie das Küken behandeln, lächelt er high und singt „I'm so happy, 'cause today I've found my friends.“ Marco Zschieck