: Antwerpen, verwaist
■ Der belgische Künstler Bert de Beul täuscht die Sinne mit vieldeutigen Bildern / Ausstellung in der Galerie Grün
Die Häuser sehen aus wie fotografiert. Dabei sind sie gemalt. Schwarzweiß. Sie wirken vertraut, wie das Nachbarhaus, das Hochhaus auf dem Weg zur Arbeit, das Elternhaus in der Kleinstadt. „Meine Motive sind alle aus Antwerpen“, erklärt der Maler Bert de Beul. „Aber da jeder diese Art von Häusern kennt, werden sie durch die Erinnerung der Menschen zu immer anderen Gebäuden.“Das ist Bert de Beuls Trick. Er malt fotonah und weckt in der BetrachterIn unweigerlich den Eindruck zu kennen, was doch nur de Beuls eigene Realität spiegelt.
Ab heute und bis zum 23. Mai ist eine Auswahl des umfangreichen Werkes de Beuls in der Galerie der Gruppe Grün im Fedelhören zu sehen. „Die Welt im besseren Licht“lautet der Titel des Fotografie-Projektes. Obwohl de Beul nicht fotografiert, sondern malt, passen seine Bilder gut in die Reihe. Seines „fotographischen Sehens“wegen hat ihn der Organisator Wulf Sternebeck für die Ausstellung gewonnen. Der belgische Künstler mit seinem realistischen Stil ist in der Szene kein Unbekannter. München und Milano, London und Helsinki sind nur einige der Städte, in denen der 35jährige ausgestellt hat.
Bert de Beul malt seine Häuser in Öl auf Leinwand. Wer nah herangeht, dem verschwimmt das Bild zu Variationen von Flächen. Erst mit Abstand werden die klaren Formen sichtbar, die Details von Fenstern und Giebeln, Einfahrten und Gras-naben. Das erinnert an Edward Hoppers Architekturbilder. „Stimmt“, sagt de Beul. „Hopper ist wichtig für mich.“Aber nicht nur der. Gerhard Richter hat de Beul ebenso beeinflußt wie die Neue Sachlichkeit. Das Menschenlose in den meisten seiner Bilder entspricht des Künstlers Leben, wie er sagt. „Ich bin introvertiert, gerne für mich.“Was aber nicht heißt, daß Menschen gar keinen Platz in seiner Kunst haben.
Einige dieser „anderen“Bilder hat de Beul mitgebracht. Und die sind ebenfalls einen zweiten Blick wert. Was aussieht wie eine Ansammlung gigantischer ockerfarbener Felsen, entpuppt sich als geschichtete Kartoffeln. Tatsächlich. „Was man sieht, ist immer Ausdruck des inneren Auges“, freut sich de Beul über sein kleines Verwirrstück. Das gilt auch für eine in olivgrün und burgunderrot gehaltene vermeintliche Theatergarderobe, die tatsächlich eine Hauswand ist. Oder auch nicht. „Viele sehen in dem Bild keine Straßenszene, sondern etwas Innerräumliches. Das ist genauso gut“, erteilt der Maler Freischeine für die inidividuelle Interpretation. Und nach der verwandelt sich eine alte Frau mit Hut plötzlich in eine junge mit Tuch. So ist es auch mit dem großflächigen Portrait eines Jungen, dem de Beul einen roten Fisch auf die Schulter gesetzt hat. Erst als er erklärt: „Das ist ein Junge vor einem Aquarium“, setzen sich die einzelnen Bestandteile zu einer Szene zusammen.
Britta Lübbers
Bert de Beul; Eröffnung heute um 20 Uhr, Ausstellung bis 23. Mai
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