: Im Namen der Wirtschaft
Schneller, tiefer, breiter: Länderchefs des Nordens setzen beim Verkehr auf Ostseeautobahn, Elbvertiefung und privaten Flughafen ■ Von Heike Haarhoff
Breitere Straßen, tiefere Flüsse, schnellere Züge: Die norddeutsche Verkehrspolitik, wer hätte daran gezweifelt, wird auch künftig ausschließlich von den Interessen der Wirtschaft bestimmt. Der Subventionswettlauf in den Häfen soll begrenzt, Elbe und Weser ab Herbst 1997 vertieft, die Ostseeautobahn A 20 samt Elbquerung westlich oder östlich von Hamburg gebaut und der Flughafen Fuhlsbüttel als bundesweit erster noch in diesem Jahrtausend privatisiert werden.
Zu ihren „einvernehmlichen“Beschlüssen gratulierten sich gestern die Regierungschefs der fünf Küstenländer in Hamburg. „Wir haben nicht feststellen können, daß unsere verkehrspolitischen Vorstellungen von denen des Unternehmerkuratoriums Nord (UKN) abweichen“, suchte Hamburgs Landeschef Henning Voscherau (SPD) die im UKN vereinten norddeutschen Industrie- und Handelskammern zu beruhigen. Diese hatten erst am Dienstag gedroht, „eine Konfliktlinie zu fahren“, sollte die Polit-Spitze des Nordens ihre reaktionären Wünsche nicht erfüllen.
Nur beim Reizthema Transrapid vermochten die MinisterpräsidentInnen von Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein, Hamburg und Bremen „keine Harmonie“herzustellen, bedauerte Voscherau. Seine Kieler Amts- und Parteikollegin Heide Simonis hatte der Stelzenbahn erst vorgestern aus umwelt- und finanzpolitischen Gründen das raumordnerische Aus beschieden. Die übrigen vier Regierungschefs dagegen setzen auf den Magnetgleiter als „große industriepolitische und technologische Herausforderung“und hoffen, daß Ende des Monats seine Wirtschaftlichkeit nachgewiesen wird. Im übrigen will Voscherau „langfristig“den Güter- und Personenschnellverkehr auf der Schiene „entflechten“.
Kommen soll auch die umstrittene 320 Kilometer lange Ostseeautobahn A 20 von Polen nach Lübeck, und zwar bis zum Jahr 2005. Ob die 4,7 Milliarden teure Betonspur anschließend westlich oder östlich um Hamburg herum nach Niedersachsen geführt wird, ist weiterhin strittig. Niedersachsens Ministerpräsident Gerhard Schröder (SPD) setzt stur und allein auf die „Ostvariante“, will aber keine „Blockadehaltung“um jeden Preis. „Letztlich“, so Schröder, „entscheidet der Markt.“Der Elbtunnel soll privat finanziert werden.
In private Hände schiebt Hamburg auch die Verantwortung für die Luftverkehrspolitik ab. Sobald der Ausbau des Flughafens Fuhlsbüttel genehmigungsrechtlich abgesichert sei, werde der Airport zwecks Aufbesserung des schwindsüchtigen Staatssäckels verscherbelt, verkündete Voscherau. Das könnte schon 1998 sein. Wieviele Anteile an wen verkauft würden, sei unklar. 20 Konsortien hätten bereits Interesse signalisiert. Hamburg hält derzeit 64, Kiel zehn und der Bund 26 Prozent an der Flughafen Hamburg GmbH. Die beiden letzteren schielen seit langem auf die Privatisierung. BUND und Naturschutzbund kritisierten die Pläne als „hemmungsloses Wachstum auf Kosten von Natur und Umwelt“.
Lediglich in der Energiepolitik bewiesen die Minister Mut zur eigenen Meinung. Wer, wie die Handelskammern, an der Atompolitik festhalten wolle, habe „die letzten zehn Jahre Energiedebatte nicht reflektiert“, schäumte Schröder. Der „politische Wille“zum Ausstieg sei unumstritten. Der Zeitpunkt bekanntlich nicht.
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